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Radmer (Stmk.): Schloss Greifenberg verfällt – Denkmal ohne Schutz?

Das Schloss Greifenberg in der Obersteiermark (Gemeinde Radmer) ist seit langem denkmalgeschützt (per Bescheid), jedoch seit den frühen 1990er-Jahren nicht mehr bewohnt und verfällt zusehends. In der ORF-Kurzserie “Studio 2” Schlössertour vom 13. Juli 2022 berichtet Rupert Reiter-Kluger vor Ort und es wird die Frage gestellt: “Es ist eines jener Beispiele verfallender Bauwerke wo wirklich die Uhr tickt und wo man die Frage, ob es nicht vielleicht schon zu spät für eine Renovierung ist gar nicht mehr so leicht beantworten kann.”

ORF-FERNSEHBEITRAG ZUM NACHSEHEN (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14142401/Zu-Besuch-auf-Schloss-Radmer/15199620 (ORF 2, “Studio 2”, ‘Zu Besuch auf Schloss Radmer’, 13.7.2022)

Schloss Greifenberg, Radmer

Schloss Greifenberg in Radmer, Foto: Nov. 2012, (c) Hermann Schachner CC BY-SA 3.0 at, Wikipedia

Das Dach des Schloss Greifenberg im Ortsteil Radmer an der Hasel (Adresse: Radmer an der Hasel 17) scheint weitgehend intakt, der Putz ist in großen Teilen abgeblättert und die Mauern bröckeln sichtlich (zum Teil mit Rissen). Bevor das Dach jedoch saniert wurde, gab es eindringendes Wasser, die Decken zum Einsturz brachten und sonst große Schäden anrichtete. Neben Wohnungen für das Forst- und Jagdpersonal war von 1905 bis 1971 auch eine einklassige Volksschule in Schloss untergebracht. Irgendwann zwischen den 1970ern und 1990er-Jahren verlor der First seinen hölzernen Glockenturm (Foto noch mit Dachreiter von 1963). Das Problem, gemäß Denkmalschutzgesetz gibt es keine Verpflichtung, dieses wertvolle Kulturerbe in einem baulich guten Zustand zu halten, sondern nur das Verbot, aktiv und vorsätzlich die Bausubstanz nachteilig zu verändern oder zu zerstören (vgl. § 4  Denkmalschutzgesetz “Verbot der Zerstörung und Veränderung von Denkmalen”, dort Abs. 2 Z. 2). Auch eine Leserin der Kronenzeitung hat im Jänner 2020 im Rahmen der Krone-Initiative: „Retten wir die steirischen Schätze!“ auf den schlechten Zustand des Schloss Greifenberg hingewiesen. Schon vor dem Leerstand gab es intensive Überlegungen, was man mit dem extrem entlegenen Schloss machen kann. Auch seitens der Gemeinde gab es Versuche, das Gebäude zu erwerben und im Erdgeschoß ein Kupfermuseum einzurichten und in die oberen Stockwerke für Wohnungen adaptieren, die jedoch scheiterten.

Schloss Greifenberg (Dachansicht), Radmer

Schloss Greifenberg, Blick auf das Dach, Foto: Mai 2015, (c) Peter Berger II (Facebook Gruppe: “Bewahren wir das Schlossensemble Greifenberg”)

Das Schloss Greifenberg mitsamt dem Tal war ehemals kaiserliches Jagdgebiet, zuletzt im Besitz von Thronfolger Franz Ferdinand (1863-1914). Franz Hohenberg, Urenkel Thronfolger Franz Ferdinands, wird im ORF-Beitrag dazu interviewt. Hohenberg erklärt, das Problem für eine weitere Nutzung waren die sechs verschiedenen Hausschwammherde im Gebäude, als auch der Denkmalschutz an sich. Der Kunsthistoriker und Bauforscher Daniel Stössl widerspricht, dass der Denkmalschutz hier ein Hindernis darstellt: “Meiner Erfahrung nach ist der Denkmalschutz nicht der Verhinderer. Der Denkmalschutz ist meistens relativ realistisch und weiß, was wann geschehen muss, um ein Objekt zu erhalten. Das heißt, das Ansinnen des Denkmalschutzes ist das Objekt zu erhalten und nicht zu verhindern, dass es erhalten wird,” und erklärt weiters, das große Problem ist, eine adäquate Nutzung für das Gebäude zu finden. Der Denkmalpfleger Stössl rät auch dringend davon ab, das Schloss widerrechtlich zu betreten, denn es besteht Einsturzgefahr.

Jetzt ist nur noch zu hoffen, dass das Schloss nicht das gleiche Schicksal erleiden wird wie die seit den 1970er-Jahren denkmalgeschützte Gartlmühle in Gresten. Das Bundesdenkmalamt hatte dort 2008 einer weitgehenden Aufhebung des Denkmalschutzes zugestimmt, sodass in Folge fast das gesamte Gebäude 2012 abgerissen wurde. Nur noch das Tonnengewölbe des Eingangs blieb erhalten. Siehe: “Das Denkmal ‘Gartlmühle’ in Gresten (NÖ) – Ein Wahrzeichen ist verblasst “  in: Denkma[i]l: Nachrichten der Initiative Denkmalschutz”, Nr. 22/2016, Seite 20 f.  (NÖ), siehe: https://www.initiative-denkmalschutz.at/denkmail/Denkmail_Nr_22_230i9aso.pdf . Über die Stufen des Verfalls siehe Youtube-Video (12 MIN): ” Gartlmühle – Ein Wahrzeichen verblasst“: https://www.youtube.com/watch?v=XDMBfazFL6I

Medienbericht:

26.01.2020, Kronenzeitung
„Krone“-Aktion: Steirer kämpfen für bedrohte Kulturgüter. Eine Burg des berühmten Minnesängers Ulrich von Liechtenstein bröckelt vor sich hin. Auch an anderen Schlössern nagt der Zahn der Zeit – dabei sind sie Wahrzeichen unseres Landes! Hand in Hand mit ihren Lesern kämpft die „Krone“ um die Erhaltung des steirischen Bauerbes: https://www.krone.at/2085397

Weitere Infos / Linktipps:

Peter Buchinger, ‘Schloss Greifenberg – Ein Aufruf zur Rettung’, in: Zeitschrift Denkma[i]l Nr. 20/2015, Nachrichten der Initiative Denkmalschutz, Seite 53:
https://www.initiative-denkmalschutz.at/denkmail/Denkmail_Nr_20_84721o_web.pdf

Facebook-Gruppe “Bewahren wir das Schlossensemble Greifenberg”: https://www.facebook.com/groups/758092594307339

Schloss Greifenberg in Radmer (Geschichte, Beschreibung) auf Website: “Burgen-Austria.com”:
http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=295

Schloss Greifenberg (13 Fotos; vermutlich 2019) auf der Website: “Burgen, Schlösser und Ruinen in Österreich” (Kastellan Oliver):
http://ruine.at/greifenberg.htm

Der Paradeisstollen (und Schloss Greifenberg)” in Radmer auf Website “Austria-Forum.org”:
https://austria-forum.org/af/Bilder_und_Videos/Hochschwab/Teil_3_Um_den_Hochschwab/Radmer

Historisches Foto Schloss Radmer aus 1963 (noch mit hölzernem Glockenturm auf First (Dachreiter); in: “Fotos – alte Ansichten” der Gemeinde Radmer):
http://www.radmer.at/index.php/fotos/23-alte-ansichten/detail/351-schloss-greifenberg-1963#

Literatur (u.a.):

Schloss Greifenberg in Radmer – Stiller Verfall in den Alpen, in: Wolfgang Burghart – Gerhard Hertenberger, “Österreichs gefährdetes Kulturerbe. Vom Umgang mit historischen Bauten. 70 Fallbeispiele” (Hrsg. Initiative Denkmalschutz), Wien 2018, Seite 70 f.

Kulturpark Österreich, Projektstudie, Seite 237 (Foto: Innenraum mit zum Teil eingestürzter Stuckdecke im Schloss Greifenberg und Kurzbeschreibung), Wien 2000, Hrsg. “Kulturpark Österreich – Verein zum Schutz von Baudenkmälern”

Herwig Ebner, Burgen und Schlösser der Steiermark (Birken-Reihe), Band 2: Mürztal und Leoben, Wien 1979 (2. erweiterte Auflage), Seite 122

Dehio-Handbuch – Die Kunstdenkmäler Österreichs, Topographisches Denkmälerinventar (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Band: Steiermark (ohne Graz), Wien 1982, Seite 386

Initiative Denkmalschutz: Abbruchauftrag widerspricht Denkmalschutzgesetz in Gries/Brenner

APA-OTS-Presseaussendung, 4. März 2025

Channel: Chronik, Kultur

Initiative Denkmalschutz: Abbruchauftrag widerspricht Denkmalschutzgesetz. Kein Abriss für Gasthaus Weißes Rössl in Gries/Brenner möglich!

Behördenversagen auf ganzer Linie: Nach Brand im Mai 2023 noch immer ohne Schutzdach. Nun könnten bereits diesen Donnerstag (6.3.) rechtswidrige Abbrucharbeiten beginnen!

Wien / Gries am Brenner (OTS) – Ein Plakat einer Abbruchfirma ist schon angebracht, doch ohne denkmalschutzrechtliche Bewilligung, die bis dato nicht vorliegt, ist der Abbruch verboten! Denn für einen Abriss müssen beide Gesetze, Tiroler Bauordnung (TBO) und Denkmalschutzgesetz (DMSG) eingehalten werden, was aktuell nicht der Fall ist. Im DMSG kann ein solcher Abriss ohne Bewilligung des Denkmalamtes nämlich nur dann durchgeführt werden, wenn “Gefahr in Verzug” bei gleichzeitiger Gefährdung “höherwertiger Rechtsgüter” (z.B. Leben) vorliegt (§ 4 Abs. 3), und auch eingeschränkt für den speziellen Fall, dass diese Gefahr nicht “anders”(!) abgewendet werden kann (§ 5 Abs. 5). Vgl. Stellungnahme des Denkmalamtes vom 17.2./26.2. dazu.

Weder “Gefahr im Verzug” noch “Gefahr für Leib und Leben”!

Bereits kurz nach dem Brand wurde “zum Schutz des Lebens” ein Betretungs- bzw. Benützungsverbot für das historische Gasthaus behördlicherseits erlassen (23.5.2023). Seitdem ist die Gefahr, die beim “Betreten”(!) des Gebäudes besteht, gebannt (und nur für den Fall dieses “Betretens” wurde im LVwGT-Urteil vom 12.2. “Gefahr für Leib und Leben” attestiert). Entsprechend wird das Urteil in der Medieninformation des LVwGT vom 17.2. auch nur mit dem “Vorliegen von Baugebrechen” sowie das Verursachen “unverhältnismäßiger Kosten” für eine Instandsetzung begründet! Nicht einmal von “Gefahr im Verzug” ist die Rede! In der rechtlichen Würdigung im Urteil (LVwG-2023/31/2508-9; S. 11 ff.) wurde noch dazu auf den § 49 TBO “Unzulässigkeit des Abbruchs” “vergessen”, in dem es ausdrücklich heißt (Abs. 4.): “Im Übrigen ist der Abbruch von denkmalgeschützten Gebäuden oder Gebäudeteilen, für deren Abbruch eine rechtskräftige denkmalschutzrechtliche Bewilligung nicht vorliegt, unzulässig.” Somit wäre auch zu hinterfragen, wie ein solches Urteil des Landesverwaltungsgerichts ohne Einbeziehung des § 49 möglich geworden ist! Und ebenso muss auch die Frage gestellt werden, wer kurz nach der Urteilsverkündung am 13./14. Februar dieses Framing “Gefahr für Leib und Leben” (ohne Zusatz “beim Betreten”) in die Welt gesetzt hat, auf dessen Grundlage die Medien dann den Abbruchauftrag in ihren Berichten begründet haben, und nicht, wie richtig, auf die “Baugebrechen”? Auf jeden Fall erinnert die Causa frappant an den Abriss des Kommodhauses in Graz 2003.

Baubehörde Gries/Brenner kann Abbruchanzeige nicht bearbeiten, weil denkmalschutzrechtliche Bewilligung fehlt! Abbruch auch deswegen nicht möglich!

Gemäß § 50 Tiroler Bauordnung muss – auch bei einem Abbruchauftrag(!) – vor einem Abriss eine Abbruchanzeige bei der Behörde eingebracht werden, die den angezeigten Abbruch prüfen muss. Darin heißt es: “Bei denkmalgeschützten Gebäuden ist weiters die denkmalschutzrechtliche Bewilligung für den Abbruch anzuschließen” (Abs. 1), die jedoch nicht vorgelegt werden kann. Somit kann der Bürgermeister von Gries am Brenner, Karl Mühlsteiger, als Baubehörde erster Instanz die Abbruchanzeige nicht abschließend prüfen und müsste dem Abbruchwerber dann mitteilen, dass “der Abbruch vorerst nicht ausgeführt werden darf” (Abs. 4).

Gefährdete Denkmäler – Parlamentarische Bürgerinitiative

Auch beim verfallenen Hotel Wörthersee in Klagenfurt weigert sich aktuell der Eigentümer, die Instandsetzungsaufträge umzusetzen, und bei den ebenso denkmalgeschützten Hammerbrotwerken in Schwechat hat es in den letzten Jahren eine Vielzahl von Bränden gegeben. Die Initiative Denkmalschutz hat Ende 2023 eine Parlamentarische Bürgerinitiative “Wirkungsvoller Schutz gefährdeter Kulturgüter in Österreich” eingebracht, um u.a. den Denkmalfonds besser zu dotieren, der zur zusätzlichen Finanzierung und Rettung der unmittelbar vom Verfall bedrohten Denkmälern dienen soll und vom Bundesministerium für Kultur verwaltet wird, aber kaum gefüllt ist.

Rückfragen & Kontakt

Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter, Markus Landerer, tel. 0699/1024 4216, Dr. Gerhard Hertenberger, tel.: 0676/772 34 33, https://www.idms.at

 

Gasthaus Weißes Rössl in Gries am Brenner

Das denkmalgeschützte Gasthaus Weißes Rössl in Gries am Brenner, Foto: 9. Mai 2024, (c) Initiative Denkmalschutz

 

PS: Vergleiche auch unsere APA-OTS-Presseaussendungen vom

10. Mai 2024

sowie

4. Dezember 2023:
Denkmalschutz ohne Schutz? Nach Brand in Gries am Brenner im Mai noch immer keine Schutzabdeckung trotz Schnee beim Gasthaus Weißes Rössl!
https://www.initiative-denkmalschutz.at/presseaussendungen/gries-am-brenner-denkmalschutz-ohne-schutz-abdeckung-fehlt

 

OTS-Stichworte: Denkmalpflege, Ortsbildschutz, Tirol, NGOs, Innsbruck-Land, Architektur, Politik, Immobilien, Recht, Kultur, Bildende Kunst, Kunst, Kunst & Kultur, Bau, Branchen, Wirtschaft und Finanzen, Kriminalität und Justiz

Besichtigung von Eisenstadt – im Jubiläumsjahr “100 Jahre Burgenland”

Besichtigung von Eisenstadt – im Jubiläumsjahr “100 Jahre Burgenland”

Samstag, 3. Juli 2021, 9:30 Uhr

Vom Werden einer Hauptstadt: Eisenstadt und seine Bauten der Zwischenkriegszeit
mit Architekt DI Stefan Tenhalter. Am Nachmittag führt uns Dr. Brigitte Krizsanits, Obmann-Stellvertreterin des Vereins “Freunde des Eisenstädter Schlossparks” (http://www.schlossparkfreunde-eisenstadt.at) auf einem kleinen Rundgang durch einen der bedeutendsten Landschaftsgärten aus dem 18. Jh., der für die Fürstenfamilie Esterhazy angelegt und weit über die Grenzen Österreichs und Ungarns berühmt wurde. Nach einem drohenden Verfall im 20. Jh. gibt es seit den 1980er Jahren sehr erfolgreiche Bemühungen, dieses historische Gartenjuwel mit besonderer Parkarchitektur wiederherzustellen und zu erhalten.

Treffpunkt: 9:30 Uhr, Bahnhof Eisenstadt (individuelle Anreise)
Spende erbeten: € 22
Anmeldung erforderlich an eMail: (begrenzte Teilnehmerzahl)

Achtung: Veranstaltung unterliegt den aktuell gültigen Corona-Bestimmungen (derzeit “3-G-Regel”)

Wien: Malträtiertes Gründerzeithaus (Hohenbergstraße 18) vor Abriss

APA-OTS-Presseaussendung, Initiative Denkmalschutz, 19. Juli 2022

Nächster Abbruchskandal in Wien: Malträtiertes Gründerzeithaus in Meidling vor Abriss – wieder wegen “wirtschaftlicher Abbruchreife”! Initiative Denkmalschutz: Wann unternimmt die Stadt Wien endlich etwas gegen die laufende Stadtbildzerstörung?

Wien (OTS) – Noch im Juni war das secessionistische Gründerzeithaus [Hohenbergstraße 18] eine Baustelle und eingerüstet, doch jetzt klafft ein riesiges Loch in der Gründerzeitfassade und der dekorative Attikaaufsatz ist ebenfalls zerstört. Nun erfahren wir von der Baupolizei (MA 37), es darf wegen der (viel zu leicht zu erlangenden) “wirtschaftlichen Abbruchreife” abgerissen werden. Wann unternimmt die Wiener Stadtregierung (SPÖ und NEOS) endlich etwas gegen die vielfachen Abbrüche wertvollen Kulturerbes in der Stadt? Wie lange wird noch tatenlos zugeschaut? Erinnern möchten wir an den Anfang Juli erfolgten Abrissskandal in der Kaiserstraße 31.

Rückfragen & Kontakt:

Markus Landerer (0699/1024 4216) und Dr. Gerhard Hertenberger (0676/7723433)
Verein Initiative Denkmalschutz, www.idms.at

Hohenbergstraße 18, Wien

Loch in der Gründerzeitfassade Hohenbergstraße 18, Foto: 17. Juli 2022, (c) Georg Scherer, / WienSchauen.at

Weitere Infos:

Das im Jahr 1904 errichtete Gebäude Hohenbergstraße 18 (nahe Bahnhof Wien-Meidling) sah – zumindest was die Außenfassade betrifft – im September 2017 frisch renoviert aus (siehe Foto). Mit Kaufvertrag vom 31. Juli 2018 wurde es an die ‘Hohenbergstraße 18 Projekt GmbH‘ (FN 493775s) verkauft. Auf einem Google Street View Foto vom Oktober 2020 sieht man das Haus eingerüstet. Am 21. Dezember 2020 wurde ein Ansuchen um Abbruchbewilligung gestellt und nach Befassung der Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung), die das Gebäude offensichtlich als erhaltenswert beurteilt hat, wurde nach Prüfung des Gutachtens durch die Magistratsabteilung 25 (Stadterneuerung und Prüfstelle für Wohnhäuser) die Abbruchbewilligung am 16. September 2021 mit der Begründung “wirtschaftliche Abbruchreife” (gemäß § 60 Abs. 1 lit. d Bauordnung für Wien) seitens der Magistratsabteilung 37 (Baupolizei) erteilt . Noch im Juni 2022 (Google Street View Foto) sah man das Gebäude Hohenbergstraße 18 eingerüstet und in einem weitgehend guten Zustand (siehe Foto), bis dann plötzlich das Baugerüst abgebaut war, ein riesiges Loch in der Gründerzeitfassade klaffte und der dekorative Attikaaufsatz (rechts oben am Dach) ebenso zerstört wurde.

Vgl. auch WienSchauen-Bericht: 20. Juli 2022, Meidling: Behörde gibt Jahrhundertwendehaus zum Abriss frei. Lücke im Baurecht – Loch in der Fassade: https://www.wienschauen.at/meidling-behoerde-gibt-jahrhundertwendehaus-zum-abriss-frei

Hohenbergstraße 18, Wien

Das secessionistische Gründerzeithaus Hohenbergstraße 18 im September 2017, (c) Markus Landerer / Initiative Denkmalschutz

Medienreaktionen:

20. Juli 2022, Der Standard
Loch in der Fassade: Gründerzeithaus in Wien-Meidling wird abgerissen. Denkmalschützer kritisieren die wirtschaftliche Abbruchreife, mit der bei alten Häusern oft argumentiert wird: https://www.derstandard.at/story/2000137591311/loch-in-der-fassade-gruenderzeithaus-in-wien-meidling-wird-abgerissen

19. Juli 2022, MeinBezirk / Bezirkszeitung
Hohenbergstraße: Meidlinger Gründerzeithaus steht vor dem Abriss. In Meidling wird ein Gründerzeithaus abgerissen. Grund dafür ist die wirtschaftliche Abbruchreife. Die Initiative Denkmalschutz und die Grünen sprechen von einem Abbruchskandal: https://www.meinbezirk.at/meidling/c-lokales/meidlinger-gruenderzeithaus-steht-vor-dem-abriss_a5483878

Erste politische Reaktion:

19. Juli 2022, APA-OTS
Grüne Wien/Prack/Grossauer-Ristl: „Abbruch von schützenswerten Häusern endlich stoppen!“ In Meidling wird gerade erneut ein erhaltenswertes Gründerzeithaus Opfer der Abrissbirne, weil seitens der Stadt eine Abbruchbewilligung aufgrund wirtschaftlicher Abbruchreife erteilt wurde: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220719_OTS0095

Initiative Denkmalschutz: Denkmalschutz-Skandal in Tirol. Bezirksverwaltungsbehörde “entmachtet” Denkmalamt

APA-OTS-Presseaussendung, 11. März 2025

Channel: Chronik, Kultur

Denkmalschutz-Skandal in Tirol: Bezirksverwaltungsbehörde (BH Innsbruck) “entmachtet” Bundesdenkmalamt und torpediert Denkmalschutzgesetz!

Initiative Denkmalschutz schaltet nach Abrissbeginn Gasthaus “Weißes Rössl” in Gries/Brenner die Landesvolksanwaltschaft ein!

Wien (OTS) – Auch wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol einen Abbruchauftrag verfügt hat (LVwG-2023/31/2508-9), basiert dieser ausschließlich auf einem Landesgesetz (Tiroler Bauordnung). Gänzlich unberührt davon gilt weiterhin auch das bundesweit gültige Denkmalschutzgesetz (DMSG), das ebenso einzuhalten ist. So spricht das Bundesdenkmalamt (BDA) in seiner aktuellen Stellungnahme vom 10.3. treffend von einem “Torpedierungsverbot”: “Die Tiroler Bauordnung (…) soll nicht in einer Weise angewandt werden, die das öffentliche Interesse (bundesgesetzlicher) Denkmalschutz torpediert.”

Bezirksverwaltungsbehörde negiert Aufgaben des Denkmalschutzes

Für die Anwendung des Denkmalschutzes im Sinne einer Gefahrenabwehr ist die örtliche Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, im konkreten Fall die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (§ 31 Abs. 1 DMSG). Diese hat jedoch den BDA-Antrag auf Baustopp am 5.3. aus nicht nachvollziehbaren Gründen abgewiesen! Da durch die baulichen Absperrungen und das Betretungsverbot eine “Gefahr für Leib und Leben” ausgeschlossen werden kann, wäre eine denkmalschutzrechtliche Bewilligung für den Abriss nötig, die bis dato nicht vorliegt!

LVwGT verurteilt BH Innsbruck wegen Auskunftsverweigerung

Dieser Tage erst wurde die BH Innsbruck verurteilt, unserem Verein Initiative Denkmalschutz gegenüber rechtswidrig eine Auskunft in der Causa Weißes Rössl verweigert zu haben (LVwG-2024/19/1053-4).

Politische und behördliche Aufarbeitung dringend nötig

Die Vorgänge rund um das Gasthaus Weißes Rössl gehören sowohl politisch, als auch behördlich in Tirol dringend aufgearbeitet. Der Abbruch ist nun einer Entscheidung einer anhängigen BDA-Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Tirol zuvorgekommen.

Nächstes Tiroler Opfer: Die Rotunde in Innsbruck?

Auch die denkmalgeschützte Rotunde in Innsbruck ist in einem baulich schlechtem Zustand. Was werden Tiroler Politik und Behörden unternehmen, damit wir keinen zweiten Fall “Weißes Rössl” in Tirol erleben?

Rückfragen & Kontakt

Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter, Markus Landerer, tel. 0699/1024 4216, Dr. Gerhard Hertenberger, tel.: 0676/772 34 33, DI Dr. Alexander Schmiderer, tel. 0664/750 545 42, https://www.idms.at

 

Gasthaus Weißes Rössl in Gries am Brenner

Das denkmalgeschützte Gasthaus Weißes Rössl in Gries am Brenner, Foto: 9. Mai 2024, (c) Initiative Denkmalschutz

 

PS: Vergleiche auch unsere APA-OTS-Presseaussendungen vom

10. Mai 2024

sowie

4. Dezember 2023:
Denkmalschutz ohne Schutz? Nach Brand in Gries am Brenner im Mai noch immer keine Schutzabdeckung trotz Schnee beim Gasthaus Weißes Rössl!
https://www.initiative-denkmalschutz.at/presseaussendungen/gries-am-brenner-denkmalschutz-ohne-schutz-abdeckung-fehlt

 

OTS-Stichworte: Denkmalpflege, Ortsbildschutz, Tirol, NGOs, Innsbruck-Land, Architektur, Politik, Immobilien, Recht, Kultur, Bildende Kunst, Kunst, Kunst & Kultur, Bau, Branchen, Wirtschaft und Finanzen, Kriminalität und Justiz

Verlorenes Erbe (Wien): Villa Taussig 1931 abgerissen

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 28.6.2021 die Villa Taussig am Fuße des Küniglbergs in Wien-Hietzing behandelt. Die Villa Taussig wurde ab 1894 vom damaligen Generaldirektor der Bodencreditanstalt Theodor Ritter von Taussig (1849-1909) erbaut. Geplant hatte die imposante Villenanlage aus der Gründerzeit mit seiner weitläufigen Gartenanlage, die entfernt an die ca. zehn Jahre früher erbaute Hermesvilla im Lainzer Tiergarten erinnert, der bekannte Architekt Karl König. Bis 1892 stand an deren Stelle die um 1830 erbaute Villa Malfatti, deren Erben diesen damals größten Privatbesitz in Hietzing an den Generaldirektor der Bodencreditanstalt verkauften. Die Villa Taussig war mit den damals neuesten technischen Errungenschaften der Zeit ausgestattet (unabhängige Wasser- und Energiezufuhr mittels Pumpwerk und Generator). Nach Taussigs Tod verkauften die 12 Kinder das Anwesen, denn keines der Kinder konnten die jeweils anderen auszahlen. 1931 wurde das repräsentative Anwesen abgerissen.

Villa Taussig, einstiger Standort, Wien

Die Umrisse der Villa Taussig sind im Generalstadtplan von 1912 gut ersichtlich (gleich oberhalb des Schriftzugs “Künigelberg” in der Mitte), überlagert vom aktuellen Stadtplan der Stadt Wien

Heute steht am Gelände der abgebrochenen Villa die denkmalgeschützte Malfattisiedlung, eine Arbeiter- und Angestelltenwohnhausanlage der Arbeiterunfallversicherung am Franz Schalk-Platz (erbaut 1930-32 im internationalen Stil vom Architekt Siegfried C. Drach). Unmittelbar oberhalb (südlich) der Häuser Franz Schalk-Platz 8-14 stand einst die prächtige Villa Taussig, deren Grundfläche noch heute mehr oder weniger erkennbar ist. Nur das Kutscherhaus (Gloriettegasse 49) und das Portiergebäude (Gloriettegasse 47) erinnern heute noch an den einstigen Glanz der Villa, stehen jedoch nicht unter Denkmalschutz (dafür in einer Schutzzone der Stadt Wien). Drei Generationen später hat die Familie am ehemaligen Standort des Schlosses wieder zusammengefunden, darüber berichten die beiden Urgroßenkerl Lili Gogela und Felicitas Eltz in einem ORF-Interview.

ORF-FERNSEHBEITRAG ZUM NACHSEHEN (6 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14097089/Verlorenes-Erbe-Ein-Schloss-bei-Schoenbrunn/14949087 (28.6.2021, ORF ‘Studio 2’, “Verlorenes Erbe: Ein Schloss bei Schönbrunn”)

Villa Taussig, Wien-Hietzing

Die Villa Taussig in Wien-Hietzing, Foto ca. 1900, (c) August Stauda, public Domain, Wien Museum Karlsplatz Sammlung

Linktipps:

Villa Malfatti / Villa Taussig (Hietzing.at): http://www.hietzing.at/Bezirk/geschichte2.php?id=279

Kutscherhaus (Gloriettegasse 49): https://www.thecoachmansresidence.com/de/die-residenz

Literatur:

Gerhard Weißenbacher, In Hietzing gebaut, Architektur und Geschichte eines Wiener Bezirkes, Band II, Wien 1998, Seite 61-66

Initiative Denkmalschutz: Weißes Rössl – Misst die BH mit zweierlei Maß?

Eil-Pressemitteilung vom 12. März 2025

Causa Weißes Rössl in Gries/Brenner, Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes im Gange!

Misst die Bezirkshauptmannschaft (BH) Innsbruck mit zweierlei Maß?

Während die BH Innsbruck den Antrag des Bundesdenkmalamtes auf Baustopp beim denkmalgeschützten Gasthaus “Weißes Rössl” in Gries am Brenner am 5.3. aus uns unerklärlichen Gründen abgelehnt hat, hat die gleiche BH im Jahr 2017 den entsprechenden Paragraphen der Tiroler Bauordnung sehr wohl anerkannt. Zitat aus dem BH-Bescheid (24.2.2017): “Gem. § 42 Abs 5 TBO 2016 ist ein Abbruch denkmalgeschützter Gebäude und Gebäudeteile unzulässig. Eine Vollstreckung des do. Bescheides vom 21.11.2012 ist daher nicht mehr möglich; das Vollstreckungsverfahren [Vollstreckung des Beseitigungs-/Abbruchauftrags] wird eingestellt.”

Anmerkung: Die genauen Paragraphen haben sich zwar zwischen 2017 und 2025 geändert, sind aber inhaltlich gleich geblieben!

Siehe entsprechende Dokumente anbei (Beispiel Widum Lueg, Gries/Brenner), mit Genehmigung des Eigentümers

– Abbruchbescheid (Beseitigungsauftrag) vom 21.11.2012 der Gemeinde Gries/Brenner (als Baubehörde): 2012-11-21_Gemeinde-Gries-Bescheid_Beseitigungsauftrag_Widum-Lueg_iD

Einstellung des Vollstreckungsverfahren Beseitungsauftrag (Abbruchauftrag), seitens BH Innsbruck, 24.2.2017: 2017-02-24_BH-Innsbruck_Einstellung-Beseitungsauftrag_Widum-Lueg_iD

Wir erinnern an unsere gestrige OTS-Presseaussendung und insbesondere an die OTS von letzter Woche, in der wir diesen Paragraphen der Tiroler Bauordnung (TBO) entsprechend zitiert haben und das “Vergessen” auf diesen Paragraphen im LVwGT-Urteil vom 12.2.2025 scharf kritisiert haben.

OTS-Presseaussendung der Initiative Denkmalschutz vom 4. März 2025
Initiative Denkmalschutz: Abbruchauftrag widerspricht Denkmalschutzgesetz. Kein Abriss für Gasthaus Weißes Rössl in Gries/Brenner möglich! Zitat daraus: In der rechtlichen Würdigung im Urteil (LVwG-2023/31/2508-9; S. 11 ff.) wurde noch dazu auf den § 49 TBO “Unzulässigkeit des Abbruchs” “vergessen”, in dem es ausdrücklich heißt (Abs. 4.): “Im Übrigen ist der Abbruch von denkmalgeschützten Gebäuden oder Gebäudeteilen, für deren Abbruch eine rechtskräftige denkmalschutzrechtliche Bewilligung nicht vorliegt, unzulässig.” Somit wäre auch zu hinterfragen, wie ein solches Urteil des Landesverwaltungsgerichts ohne Einbeziehung des § 49 möglich geworden ist!
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20250304_OTS0070/initiative-denkmalschutz-abbruchauftrag-widerspricht-denkmalschutzgesetz-kein-abriss-fuer-gasthaus-weisses-roessl-in-griesbrenner-moeglich

OTS-Presseaussendung der Initiative Denkmalschutz, gestern, 11. März 2025
Denkmalschutz-Skandal in Tirol: Bezirksverwaltungsbehörde (BH Innsbruck) “entmachtet” Bundesdenkmalamt und torpediert Denkmalschutzgesetz! https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20250311_OTS0124/denkmalschutz-skandal-in-tirol-bezirksverwaltungsbehoerde-bh-innsbruck-entmachtet-bundesdenkmalamt-und-torpediert-denkmalschutzgesetz

mit freundlichen Grüßen

Markus Landerer
Obmann der Initiative Denkmalschutz
tel.: 0699 1024 4216

Rückfragen & Kontakt

Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter, Markus Landerer, tel. 0699/1024 4216, Dr. Gerhard Hertenberger, tel.: 0676/772 34 33, DI Dr. Alexander Schmiderer, tel. 0664/750 545 42, https://www.idms.at

 

 

Gasthaus Weißes Rössl in Gries am Brenner

Das denkmalgeschützte Gasthaus Weißes Rössl in Gries am Brenner, Foto: 9. Mai 2024, (c) Initiative Denkmalschutz

Führung in Wiener Neustadt durch Hofrat Prof. Erwin Reidinger

Führung in Wiener Neustadt durch Hofrat Prof. Erwin Reidinger

Samstag, 7. August 2021, 9:45 Uhr

zum Thema “Stadtplanung im hohen Mittelalter am Beispiel Wiener Neustadt”. Wiener Neustadt, nach exakter Planung 1192 errichtet, kann als eine in Europa einzigartige “Spitzenleistung mittelalterlicher Stadtplanung” bezeichnet werden. Prof Erwin Reidinger Bauingenieur, Bauforscher und Archäoastronom erklärt die Erkenntnisse seiner langen, naturwissenschaftlichen Forschungen. Am Nachmittag öffnet Familie Karlik für unsere Vereinsmitglieder ihr privat geführtes Museum im Reckturm. Die Grundmauern des einzigen noch existierenden Eckturmes, von den ursprünglich 4 der Wiener Neustädter Stadtmauer stammen aus dem frühen 13. Jh. Ende des 19. Jhs. begann man den Reckturm und die angrenzende Stadtmauer abzutragen, 1901 konnten die Demolierungen eingestellt und mit der Rekonstruktion des Turmes im Stile des 15. Jhs. begonnen werden. (die Ausstellung zeigt u. a. historische Schuss-, Hieb- und Stichwaffen sowie Ausrüstungsgegenstände der k.u.k. Armee).

Treffpunkt: 9:45 Uhr, Hauptplatz 1, Altes Rathaus, 2700 Wiener Neustadt (individuelle Anreise)
Spende erbeten: € 22
Anmeldung erforderlich an eMail: (letzte 24 Stunden an bzw. mobil: 0699 / 1024 4216)

Achtung: Veranstaltung unterliegt den aktuell gültigen Corona-Bestimmungen (z.B. “3-G-Regel”)

Abriss Rösselmühle: Besserer Schutz für Grazer Industrieerbe gefordert

Presseaussendung, Mittwoch, 13. September 2023

Anlässlich Abrissbeginn Rösselmühle letzten Montag:
Initiative Denkmalschutz fordert besseren Schutz für das industrielle Baukulturerbe in Graz. Wird nun ein alter Gemeinderatsantrag endlich ernst genommen? Die neue Grazer Stadtregierung ist gefordert!

Rückblende in das Jahr 2014: Im Grazer Gemeinderat wurde ein Antrag mit dem Titel “Rechtzeitige Maßnahmen bei industriellen Baudenkmälern” einstimmig angenommen. Wesentlicher Bestandteil des Antrags war die 1270 erstmals erwähnte Rösselmühle (Oeverseegasse 1), deren Zukunft anlässlich ihrer Schließung einige mit Sorgen sahen. Aber es ging auch darum “ähnliche Objekte bzw. Gebiete in Graz zu identifizieren”, um ein „Maßnahmenpaket“ zu erarbeiten, „welches in Zukunft eine Grundlage darstellt, um künftig (…) rechtzeitig Lösungen zu forcieren, die Bezug auf den industriellen Charakter des Entwicklungsgebietes und dessen Bestand nehmen.”

2014: Zustimmung aller Parteien für besseren Schutz des industriellen Erbes in Graz

Alle Parteien, stimmten dem Antrag zu. Der damalige ÖVP-Gemeinderat Klaus Frölich von der Regierungspartei verwies darauf, dass es da nicht “nichts gäbe” sondern das Institut für Baukunst, Denkmalpflege und Kunstgeschichte der TU Wien, das an der Inventarisierung der technischen industriellen Baudenkmäler Österreichs arbeite. Der Antragsteller Philip Pacanda (Piratenpartei; nicht mehr im Gemeinderat vertreten), unterstrich dennoch die Dringlichkeit mit dem Kommentar “es ist wichtig, dass man da frühzeitig einfach eingreife, bevor irgendwas passiert, und wir dann nachher dasitzen und sagen, jetzt ist es abgerissen, hätten wir vorher was gemacht.”

2023: … trotzdem kein besserer Schutz in Sicht

Wie stellt sich die Situation jetzt im Jahr 2023 dar? Es ist etwas passiert, aber leider nicht im Sinne des Antrags: Die Rösselmühle ist Anfang April abgebrannt; Abbrucharbeiten wurden vorgestern begonnen. Auch die letzten Bestände des Kleingewerbes um den Dietrichsteinplatz wurden trotz Widerspruchs der Altstadtkommission 2020/21 abgerissen (Pawlatschenhaus mit Schlosserei; Schörgelgasse 6 / Kopernikusgasse 4). Und auch das bedeutende Industriedenkmal „ehemalige Lederstampfe und Fahrradfabrik von Johann Puch“ (Karlauer Straße 46) wird bald Geschichte sein, eine Abbruchbewilligung liegt bereits vor.

Initiative Denkmalschutz: Neue Grazer Stadtregierung ist endlich gefordert zu Handeln

Mittlerweile gibt es eine neue Stadtregierung (KPÖ/Grüne/SPÖ). Wird sie sich an den einstimmig angenommenen Gemeinderatsantrag erinnern? Wird sie die Expertise der Altstadtkommission ernster nehmen? Wird sie dafür sorgen, weitere Objekte zu identifizieren und Lösungen zu forcieren, die Bezug auf den Bestand nehmen? Die Initiative Denkmalschutz fordert, nicht nur den Geist des Antrages zu beklatschen, sondern endlich auch Taten zu setzen und hofft, dass spätestens mit dem (teilweisen?) Verlust der Rösselmühle ein Weckruf durch die Stadtregierung geht, und man sich aktiv der Intention des Antrags annimmt.

Interessant ist auch, dass der damalige ÖVP-Gemeinderat Frölich auf ein Institut an der TU Wien verwiesen hat. Die offizielle Beantwortung des Antrags durch das Stadtplanungsamt hat wiederum ergeben, dass die Stadtplanung nicht die nötigen Ressourcen habe, „die Anregung wird daher gern an die in Frage kommenden Universitäten und Fachhochschulen weitergegeben.“ An der TU Graz hätte es damals noch ein “Institut für Stadt- und Baugeschichte” gegeben; es wurde mittlerweile in “Institut für Entwerfen im Bestand und Denkmalpflege” umbenannt (2019). Zeigen die aktuellen Vorfälle nicht, wie wichtig es anhand des aktuellen Baugeschehens wäre, dass man sich auch in Graz für die Politik wahrnehmbar wissenschaftlich mit dem Bestand beschäftigt? Wird hier die aktuelle Struktur der Anforderung gerecht?

Rückfragehinweis:

Markus Landerer und DI Dr. Alexander Schmiderer
Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
mobil: 0699 / 1024 4216 und 0664 / 750 545 42
www.initiative-denkmalschutz.at
Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien

Quellen / Infos:

Die Rösselmühle auf Baugeschichte.at (Grazwiki)
https://www.grazwiki.at/Oeverseegasse_1

Gemeinderatssitzung 12. Juni 2014:
https://www.graz.at/cms/beitrag/10234760/7791056/Aus_dem_Gemeinderat_III.html

Gemeinderatsantrag:
https://www.graz.at/cms/dokumente/10234760_7791056/4afc5e0b/09%20Baudenkm%C3%A4ler_dringlich_GMR_Pacanda_R%C3%B6sselm%C3%BChle.pdf

Antwort zum Antrag (momentan offline):
https://open-gemeinderat.at/files/answers/0469_pacanda_da.docx

Gemeinderatsprotokoll 12.6.2014 im Wortlaut:
https://data.graz.gv.at/katalog/verwaltung%20und%20politik/Gemeinderatsprotokolle/2014_06_12.txt

Vor Abriss
Ehemalige Lederstampfe und Fahrradfabrik von Johann Puch auf Baugeschichte.at (Grazwiki)
https://www.grazwiki.at/Karlauer_Stra%C3%9Fe_46

Abrisse
Pawlatschenhaus mit Schlosserei auf Baugeschichte.at (Grazwiki)
(Schörgelgasse 6 /Kopernikusgasse 4)
https://www.grazwiki.at/Sch%C3%B6rgelgasse_6
https://www.grazwiki.at/Kopernikusgasse_4

HdGÖ (Wien): Mariahilfer Straße 2 – Stellungnahme zum Planentwurf 7773E

Initiative Denkmalschutz, 13. März 2025

Stellungnahme zum Planentwurf 7773E
Mariahilfer Straße 2 – Haus der Geschichte Österreich (hdgö) Projekt

Für das Gebiet zwischen Mariahilfer Straße (Bezirksgrenze zwischen 6. und 7. Bezirk) und Linienzug 1-5 (Grenzlinie und Baufluchtlinie) im 7. Bezirk, Katastralgemeinde Neubau

Öffentliche Auflage: 30. Jänner 2025 bis 13. März 2025

Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Durch diese Maßnahme – und durch die Festsetzung einer Schutzzone – wird am ehesten der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Die Stellungnahme im Detail:

Innerhalb der Kernzone des UNESCO-Weltkulturerbes „Historisches Zentrum von Wien“ gelegen, soll im südlichen, frühhistoristischen Trakt des Museumsquartier (Mariahilfer Straße 2) und im anschließenden ersten Hof des Museumsquartier, Klosterhof genannt, das neue Haus der Geschichte Östereich (HdGÖ) entstehen, das, wie es im Erläuterungsbericht heißt: „die Zeitgeschichte Österreichs ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts“ vermitteln soll (S. 7).

Wiewohl die baulichen Auswirkungen des geplanten Eingriffs relativ sensibel zu sein scheinen (es fehlen zur abschließenden Beurteilung der Stadtbild- und Welterbeverträglichkeit entsprechende Visualisierungen des Projekts, insbesondere von sensiblen städtebaulichen Punkten aus), muss scharf kritisiert werden, dass dem jetzt laufenden Umwidmungsverfahren ein „Wettbewerb zur Erlangung von Planungskonzepten für die Adaptierung und Erweiterung des Bestandsgebäudes zu Museumszwecken für das Haus der Geschichte Österreich im Museumsquartier“ vorgeschaltet und sogar „die Planung einer neuen Probebühne für den ‚Dschungel Wien‘ durchgeführt“ wurde (Zitat aus dem Kapitel „Maßgebliche Entwicklungen und Planungen“ im Erläuterungsbericht auf S. 7). Gemäß Informationen des Museumsquartiers erfolgte die Auslobung dieses „Architekturwettbewerbs“, wie es auf dessen Website heißt, im März 2024 und die Bekanntgabe des Siegerprojekts im September 2024 (Quelle: „Haus der Geschichte Österreich im MuseumsQuartier wird ein nachhaltiger Holzbau“; https://www.mqw.at/institutionen/haus-der-geschichte-oesterreich, abgerufen am 13.3.2025). Jetzt heißt es süffisant: „Für die Umsetzung des Wettbewerbsergebnisses ist eine Adaptierung der Bebauungsbestimmungen erforderlich.“ (Erläuterungsbericht S. 7).

Warum jetzt im Rahmen der öffentlichen Auflage die Stadt Wien ernsthaft noch die Meinung der Wiener Bürger:innen und NGOs einholen will, wo doch längst alles lange vor dem Beschluss des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans politisch akkordiert und de facto beschlossen wurde, muss offen bleiben. Die Abgabe einer Stellungnahme in diesem Bereich wird damit wohl zu einem reinen Formalakt ohne Wirkungsmöglichkeit degradiert. Hier hätte der Gesetzgeber in der „Bauordnung für Wien“ bereits vor dem Umwidmungsverfahren die formale Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einfügen müssen (im Sinne eines formalen “Anhörungsrechts” und nicht nur durch informelle Informationskanäle und -veranstaltungen). Unser Verein Initiative Denkmalschutz möchte hier ausdrücklich diese seit längerem eingerissene Unsitte der Stadt Wien aufzeigen, die Bürger:innen erst dann formal in die Stadtplanung/Stadtentwicklung einzubinden, wenn unter Umgehung jeglicher Partizipationsmöglichkeit alles längst politisch ausgehandelt wurde. In diesem Sinne gehört auch der „Masterplan für eine partizipative Stadtentwicklung (2017)“ überarbeitet, auf den im Managementplan „UNESCO-Welterbe Historisches Zentrum von Wien“ (2021) verwiesen wird.

In der Stellungnahme des Fachbeirats für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe“ (19.12.2024) heißt es: „Die Mitglieder des Fachbeirates nehmen diesen Antragsentwurf zur Kenntnis. Die Grundlagen dieses Widmungsentwurfs sind durch ein qualitätssicherndes Verfahren
(Wettbewerb) sowie durch ein Gutachten HIA von Prof Abrihan bestätigt.“ Damit sich auch die breite Öffentlichkeit und fachspezifische NGOs selbst von der Stadtbild- und Welterbverträglichkeit überzeugen können, wäre die Veröffentlichung dieses „Heritage Impact Assessment“ (HIA) Gutachtens von Architekt Prof. Dr. Cristian Abrihan (Büro für Baukulturerbe) das Mindeste. Ohne dessen Veröffentlichung kann zwar der Fachbeirat in seiner Stellungnahme zum Schluss kommen, „dass der herausragende universelle Wert (Outstanding Universal Value OUV) der UNESCO Welterbestätte ‚historisches Zentrum Wien‘, der durch die Attribute (u.a. Dachlandschaften, Stadtveduten und Ansichten) definiert ist, nicht negativ beeinträchtigt“ werde. Es gibt aber keine Möglichkeit für die Öffentlichkeit, diese Aussage auf Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit zu prüfen.

Markus Landerer und Dr. Gerhard Hertenberger, im Namen der
Initiative Denkmalschutz, Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
www.initiative-denkmalschutz.at, mobil: +43 (0)699 1024 4216
www.facebook.com/initiative.denkmalschutz
https://twitter.com/iDenkmalschutz
Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien, Österreich
email:
ZVR-Nr.: 049832110

Quellen / Links:

Haus der Geschichte Österreich im MuseumsQuartier wird ein nachhaltiger Holzbau
https://www.mqw.at/institutionen/haus-der-geschichte-oesterreich

HdGÖ – Ausblick in die Zukunft. Der neue Standort des hdgö ab 2028:
https://hdgoe.at/machbarkeitsstudie

Managementplan Welterbe Historisches Zentrum Wien:
https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/strategien/managementplan-welterbe.html

Masterplan für partizipative Stadtentwicklung:
https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/partizipation/masterplan/