Anlässlich Abrissbeginn Rösselmühle letzten Montag:
Initiative Denkmalschutz fordert besseren Schutz für das industrielle Baukulturerbe in Graz. Wird nun ein alter Gemeinderatsantrag endlich ernst genommen? Die neue Grazer Stadtregierung ist gefordert!
Rückblende in das Jahr 2014: Im Grazer Gemeinderat wurde ein Antrag mit dem Titel “Rechtzeitige Maßnahmen bei industriellen Baudenkmälern” einstimmig angenommen. Wesentlicher Bestandteil des Antrags war die 1270 erstmals erwähnte Rösselmühle (Oeverseegasse 1), deren Zukunft anlässlich ihrer Schließung einige mit Sorgen sahen. Aber es ging auch darum “ähnliche Objekte bzw. Gebiete in Graz zu identifizieren”, um ein „Maßnahmenpaket“ zu erarbeiten, „welches in Zukunft eine Grundlage darstellt, um künftig (…) rechtzeitig Lösungen zu forcieren, die Bezug auf den industriellen Charakter des Entwicklungsgebietes und dessen Bestand nehmen.”
2014: Zustimmung aller Parteien für besseren Schutz des industriellen Erbes in Graz
Alle Parteien, stimmten dem Antrag zu. Der damalige ÖVP-Gemeinderat Klaus Frölich von der Regierungspartei verwies darauf, dass es da nicht “nichts gäbe” sondern das Institut für Baukunst, Denkmalpflege und Kunstgeschichte der TU Wien, das an der Inventarisierung der technischen industriellen Baudenkmäler Österreichs arbeite. Der Antragsteller Philip Pacanda (Piratenpartei; nicht mehr im Gemeinderat vertreten), unterstrich dennoch die Dringlichkeit mit dem Kommentar “es ist wichtig, dass man da frühzeitig einfach eingreife, bevor irgendwas passiert, und wir dann nachher dasitzen und sagen, jetzt ist es abgerissen, hätten wir vorher was gemacht.”
2023: … trotzdem kein besserer Schutz in Sicht
Wie stellt sich die Situation jetzt im Jahr 2023 dar? Es ist etwas passiert, aber leider nicht im Sinne des Antrags: Die Rösselmühle ist Anfang April abgebrannt; Abbrucharbeiten wurden vorgestern begonnen. Auch die letzten Bestände des Kleingewerbes um den Dietrichsteinplatz wurden trotz Widerspruchs der Altstadtkommission 2020/21 abgerissen (Pawlatschenhaus mit Schlosserei; Schörgelgasse 6 / Kopernikusgasse 4). Und auch das bedeutende Industriedenkmal „ehemalige Lederstampfe und Fahrradfabrik von Johann Puch“ (Karlauer Straße 46) wird bald Geschichte sein, eine Abbruchbewilligung liegt bereits vor.
Initiative Denkmalschutz: Neue Grazer Stadtregierung ist endlich gefordert zu Handeln
Mittlerweile gibt es eine neue Stadtregierung (KPÖ/Grüne/SPÖ). Wird sie sich an den einstimmig angenommenen Gemeinderatsantrag erinnern? Wird sie die Expertise der Altstadtkommission ernster nehmen? Wird sie dafür sorgen, weitere Objekte zu identifizieren und Lösungen zu forcieren, die Bezug auf den Bestand nehmen? Die Initiative Denkmalschutz fordert, nicht nur den Geist des Antrages zu beklatschen, sondern endlich auch Taten zu setzen und hofft, dass spätestens mit dem (teilweisen?) Verlust der Rösselmühle ein Weckruf durch die Stadtregierung geht, und man sich aktiv der Intention des Antrags annimmt.
Interessant ist auch, dass der damalige ÖVP-Gemeinderat Frölich auf ein Institut an der TU Wien verwiesen hat. Die offizielle Beantwortung des Antrags durch das Stadtplanungsamt hat wiederum ergeben, dass die Stadtplanung nicht die nötigen Ressourcen habe, „die Anregung wird daher gern an die in Frage kommenden Universitäten und Fachhochschulen weitergegeben.“ An der TU Graz hätte es damals noch ein “Institut für Stadt- und Baugeschichte” gegeben; es wurde mittlerweile in “Institut für Entwerfen im Bestand und Denkmalpflege” umbenannt (2019). Zeigen die aktuellen Vorfälle nicht, wie wichtig es anhand des aktuellen Baugeschehens wäre, dass man sich auch in Graz für die Politik wahrnehmbar wissenschaftlich mit dem Bestand beschäftigt? Wird hier die aktuelle Struktur der Anforderung gerecht?
Rückfragehinweis:
Markus Landerer und DI Dr. Alexander Schmiderer Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
mobil: 0699 / 1024 4216 und 0664 / 750 545 42
www.initiative-denkmalschutz.at
Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien
Stellungnahme zum Planentwurf 7773E
Mariahilfer Straße 2 – Haus der Geschichte Österreich (hdgö) Projekt
Für das Gebiet zwischen Mariahilfer Straße (Bezirksgrenze zwischen 6. und 7. Bezirk) und Linienzug 1-5 (Grenzlinie und Baufluchtlinie) im 7. Bezirk, Katastralgemeinde Neubau
Öffentliche Auflage: 30. Jänner 2025 bis 13. März 2025
Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Durch diese Maßnahme – und durch die Festsetzung einer Schutzzone – wird am ehesten der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.
Die Stellungnahme im Detail:
Innerhalb der Kernzone des UNESCO-Weltkulturerbes „Historisches Zentrum von Wien“ gelegen, soll im südlichen, frühhistoristischen Trakt des Museumsquartier (Mariahilfer Straße 2) und im anschließenden ersten Hof des Museumsquartier, Klosterhof genannt, das neue Haus der Geschichte Östereich (HdGÖ) entstehen, das, wie es im Erläuterungsbericht heißt: „die Zeitgeschichte Österreichs ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts“ vermitteln soll (S. 7).
Wiewohl die baulichen Auswirkungen des geplanten Eingriffs relativ sensibel zu sein scheinen (es fehlen zur abschließenden Beurteilung der Stadtbild- und Welterbeverträglichkeit entsprechende Visualisierungen des Projekts, insbesondere von sensiblen städtebaulichen Punkten aus), muss scharf kritisiert werden, dass dem jetzt laufenden Umwidmungsverfahren ein „Wettbewerb zur Erlangung von Planungskonzepten für die Adaptierung und Erweiterung des Bestandsgebäudes zu Museumszwecken für das Haus der Geschichte Österreich im Museumsquartier“ vorgeschaltet und sogar „die Planung einer neuen Probebühne für den ‚Dschungel Wien‘ durchgeführt“ wurde (Zitat aus dem Kapitel „Maßgebliche Entwicklungen und Planungen“ im Erläuterungsbericht auf S. 7). Gemäß Informationen des Museumsquartiers erfolgte die Auslobung dieses „Architekturwettbewerbs“, wie es auf dessen Website heißt, im März 2024 und die Bekanntgabe des Siegerprojekts im September 2024 (Quelle: „Haus der Geschichte Österreich im MuseumsQuartier wird ein nachhaltiger Holzbau“; https://www.mqw.at/institutionen/haus-der-geschichte-oesterreich, abgerufen am 13.3.2025). Jetzt heißt es süffisant: „Für die Umsetzung des Wettbewerbsergebnisses ist eine Adaptierung der Bebauungsbestimmungen erforderlich.“ (Erläuterungsbericht S. 7).
Warum jetzt im Rahmen der öffentlichen Auflage die Stadt Wien ernsthaft noch die Meinung der Wiener Bürger:innen und NGOs einholen will, wo doch längst alles lange vor dem Beschluss des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans politisch akkordiert und de facto beschlossen wurde, muss offen bleiben. Die Abgabe einer Stellungnahme in diesem Bereich wird damit wohl zu einem reinen Formalakt ohne Wirkungsmöglichkeit degradiert. Hier hätte der Gesetzgeber in der „Bauordnung für Wien“ bereits vor dem Umwidmungsverfahren die formale Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einfügen müssen (im Sinne eines formalen “Anhörungsrechts” und nicht nur durch informelle Informationskanäle und -veranstaltungen). Unser Verein Initiative Denkmalschutz möchte hier ausdrücklich diese seit längerem eingerissene Unsitte der Stadt Wien aufzeigen, die Bürger:innen erst dann formal in die Stadtplanung/Stadtentwicklung einzubinden, wenn unter Umgehung jeglicher Partizipationsmöglichkeit alles längst politisch ausgehandelt wurde. In diesem Sinne gehört auch der „Masterplan für eine partizipative Stadtentwicklung (2017)“ überarbeitet, auf den im Managementplan „UNESCO-Welterbe Historisches Zentrum von Wien“ (2021) verwiesen wird.
In der Stellungnahme des Fachbeirats für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe“ (19.12.2024) heißt es: „Die Mitglieder des Fachbeirates nehmen diesen Antragsentwurf zur Kenntnis. Die Grundlagen dieses Widmungsentwurfs sind durch ein qualitätssicherndes Verfahren
(Wettbewerb) sowie durch ein Gutachten HIA von Prof Abrihan bestätigt.“ Damit sich auch die breite Öffentlichkeit und fachspezifische NGOs selbst von der Stadtbild- und Welterbverträglichkeit überzeugen können, wäre die Veröffentlichung dieses „Heritage Impact Assessment“ (HIA) Gutachtens von Architekt Prof. Dr. Cristian Abrihan (Büro für Baukulturerbe) das Mindeste. Ohne dessen Veröffentlichung kann zwar der Fachbeirat in seiner Stellungnahme zum Schluss kommen, „dass der herausragende universelle Wert (Outstanding Universal Value OUV) der UNESCO Welterbestätte ‚historisches Zentrum Wien‘, der durch die Attribute (u.a. Dachlandschaften, Stadtveduten und Ansichten) definiert ist, nicht negativ beeinträchtigt“ werde. Es gibt aber keine Möglichkeit für die Öffentlichkeit, diese Aussage auf Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit zu prüfen.
Initiative Denkmalschutz: “Beschleunigung von Großverfahren”: Schärfster Protest gegen Regierungspläne. Essentielle Bürgerrechte kommen unter die Räder
Initiative Denkmalschutz, Aktion 21 – pro Bürgerbeteiligung, Initiative Stadtbildschutz, Aktion 21 – Austria: “Unter Deckmantel der Beschleunigung Rechteeinschränkungen”
Wien (OTS) – “Wir zünden den Verfahrensturbo” lässt Verfassungsstaatssekretär Alexander Pröll (ÖVP) verlauten (OTS vom 25.7.). Doch der vorliegende Entwurf zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), zu dem nur noch bis Freitag, 5. September eine Stellungnahme abgegeben werden kann, zeigt, dass der Turbo nur einseitig zu Lasten der Zivilgesellschaft gehen soll [https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/ME/35]. Denn die Behörde will sich gleichzeitig frech das Recht herausnehmen, die Verfahrensdauer für sich selbst zu verlängern. So soll die Verhandlungsschrift nicht mehr “spätestens eine Woche” nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur öffentlichen Einsicht aufgelegt werden, sondern nur mehr ”tunlichst binnen einer Woche” (vgl. § 44e Abs. 3 AVG). Ob dies dann nur zwei Wochen oder gar Monate dauern darf, bleibt offen!
Bürger:innen sollen in eklatante Zeitnot kommen
Die Zivilgesellschaft hingegen muss aber dafür ständig bereit stehen (und dies zumeist neben einen Brotberuf). Nicht nur, dass in Hinkunft erstmals auch während der Hauptferienzeit im Hochsommer sowie in den Weihnachtsferien Verfahrensanträge per Edikt kundgemacht werden dürfen (§ 44a Abs. 3 AVG), soll – zur Verschärfung – diese Ediktkundmachung gleichzeitig von acht auf sechs Wochen verkürzt werden (§ 44g Abs. 2). Ein schwerer Schlag gegen Bürgerinitativen, wenn man bedenkt, wie diese sich z.B. in der Hauptferienzeit im Sommer bilden bzw. untereinander kommunizieren sollen. So wäre es nun plötzlich problemlos möglich von z.B. 4. Juli bis 15. August eine solche Ankündigung zu verlautbaren.
Vollständige Unterlagen bei Großverfahren sind entscheidend!
Wenn die Regierung Verfahren beschleunigen möchte, bedarf es zuerst einmal einer tiefgehenden Analyse, woran die oftmals lange Verfahrensdauer liegen könnte. Diese wichtige Analyse fehlt jedoch; denn unserer Erfahren nach liegt eine überlange Verfahrensdauer in den allermeisten Fällen nicht an den Bürgerinitiativen und NGOs selbst, sondern an der Unvollständigkeit der Unterlagen seitens der Projekteinreicher bzw. am Ausreizen der Gesetzeslage bis über deren Grenzen.
Bevorstehende UVP-Reform lässt Schlimmes befürchten!
Im Herbst möchte die ÖVP-SPÖ-NEOS-Regierung die Umweltverträglichkeitsprüfungen reformieren. So möchte Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) die Verfahren “schneller” und “schlanker” abwickeln (OTS 25.7.). Dies darf wohl als schwere Drohung gegenüber NGOs verstanden werden. So wird man vermutlich versuchen, der Zivilgesellschaft möglichst viele “Prügel vor die Füße” zu werfen, um deren Einspruchsmöglichkeiten möglichst klein zu halten und den Aufwand für Einsprüche möglichst groß zu gestalten.
UVP auch wichtig im Kulturerbe und Welterbe!
Für unsere Initiative Denkmalschutz, die sich für gefährdete Kulturgüter in Österreich einsetzt, sind UVP- sowie SUP-Verfahren (SUP = Strategische Umweltprüfung) auch für das kulturelle Erbe sowie für den Stadtbild- und Ortsbildschutz (Stichwort: Landschaft) von wesentlicher Bedeutung, wie der aktuelle Fall, das UNESCO-Weltkulturerbe “Historische Zentrum von Wien” gefährdende Heumarkt-Hochhausprojekt zeigt, bei dem schon das dritte von der Behörde selbst (!) “angezettelte” Feststellungsverfahren läuft.
Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
Markus Landerer, tel. 0699/1024 4216, Dr. Gerhard Hertenberger, 0676/772 34 33,
DI Dr. Alexander Schmiderer, tel. 0664/750 545 42 https://www.idms.at
Details zur Aussendung:
Stichwörter: Architektur, Bundesregierung, Umwelt, Recht, Kultur, Raumordnung, Stadtplanung, Umweltschutz, Bürgerbeteiligung, Umweltrecht
Ressorts: Innenpolitik, Wirtschaft Österreich
https://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2014/03/paragraph.jpg800800IDM_adminhttps://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2019/10/Logo-IDMS-.pngIDM_admin2025-09-03 08:23:012025-09-07 21:27:38Initiative Denkmalschutz: "Beschleunigung von Großverfahren": Schärfster Protest gegen Regierungspläne. Essentielle Bürgerrechte kommen unter die Räder
Heumarkt-Hochhausprojekt: UNESCO-Managementplan Entwurf weiterer Schritt zum Welterbe-Verlust? Morgen, 9.11. im Gemeinderatsausschuss! Initiative Denkmalschutz fordert Vorab-Veröffentlichung und bezweifelt mögliche Akzeptanz durch das UNESCO-Welterbekomitee!
Wien (OTS) – Morgen, Dienstag, 9.11. fällt die Entscheidung im Gemeinderatsausschuss für Stadtplanung, ob der vorliegende Managementplan-Entwurf, der seit vielen Jahren von der UNESCO eingefordert wird, in der Gemeinderatssitzung am 25. November in dieser Form beschlossen wird (vgl. OTS 2.11.), dies unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit, kritischer Bürger und vieler NGOs (nur eine kleine kritische Fachöffentlichkeit durfte als Feigenblatt an einer Enquete am 6. Mai teilnehmen). Was langsam durchsickert ist, dass eine eher schwache Hochhaus-Ausschlusszone nur für den 1. Bezirk ‘Innere Stadt’ vorgesehen ist, aber nicht für die gesamte Kernzone des Weltkulturerbes “Historisches Zentrum von Wien”. Somit wird ein in Höhe und Baumasse überdimensioniertes Heumarktprojekt (3. Bezirk), das den Kriterien des Welterbevertrages widerspricht, offensichtlich weiterhin von der Stadt Wien forciert. Die Initiative Denkmalschutz fordert vor Beschlussfassung im Gemeinderat die Veröffentlichung dieses Managementplan-Entwurfs, eine breite, öffentliche Diskussion, sowie Auskunft, ob dieser von der UNESCO überhaupt akzeptiert werden kann, und schließt sich vollinhaltlich der gestrigen Kritik der Initiative Stadtbildschutz an.
Bundesregierung muss endlich rechtliche Schritte ergreifen!
Da Wien offensichtlich weiterhin uneinsichtig bleibt und nicht alle Maßnahmen zur Durchsetzung des Welterbeübereinkommens (BGBl.Nr.60/1993) setzt, muss der zuständige grüne Bundesminister für Kultur, Werner Kogler (Staatssekretärin Andrea Mayer) gemäß Bundesverfassungsgesetz Art. 16 Abs. 4, die Zuständigkeit an sich ziehen und selbst die erforderlichen Maßnahmen treffen. Dass dies nicht nur möglich, sondern die ÖVP-Grüne Bundesregierung dazu sogar verpflichtet(!) ist, zeigt die umfassende Rechtsanalyse vom Juristen Dr. Helmut Hofmann im Sonderheft Nr. 2 der Initiative Denkmalschutz: “Wien und sein Welterbe – die rechtliche und verfassungsrechtliche Situation” (Mai 2019) (sinngemäß äußerte sich auch Verfassungsrechtler em. o. Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger).
Erwartbare UVP-Pflicht: Weiterer Stolperstein für Heumarkt-Projekt
Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.10.2021 wurde die ao. Revision der WertInvest gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.7.2021 endgültig zurückgewiesen (GZ: Ra 2021/05/0153). Der ursprüngliche Feststellungsbescheid der Wiener Landesregierung, mit welchem eine UVP-Pflicht verneint wurde, ist damit beseitigt und außer Kraft getreten. Somit bleibt offen, ob das Heumarktprojekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss; eine UVP-Pflicht scheint jedoch sehr wahrscheinlich!
Rückfragen & Kontakt:
Markus Landerer (0699/1024 4216) und Dr. Gerhard Hertenberger (0676/7723433)
Verein Initiative Denkmalschutz, www.idms.at
Älterer iD-Bericht (26.6.2021):
Gefährdetes Welterbe Wien (u. Heumarkt): Streichung von ‘Roter Liste’ 2022? Divergierende Interpretationen gibt es derzeit zur aktuell (22. Juni) veröffentlichten “Draft Decision” der bevorstehenden UNESCO-Welterbe-Komitee Sitzung
Stellungnahme zum Planentwurf 8387
Khleslplatz, An den Eisteichen
Für das Gebiet zwischen Hoffingergasse, Linienzug 1-3, Hetzendorfer Straße, Khleslplatz,
Hetzendorfer Straße, Linienzug 4-6, Khleslplatz und Oswaldgasse im 12. Bezirk, Kat. G. Altmannsdorf
Öffentliche Auflage: 30. Jänner 2025 bis 13. März 2025
Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Durch diese Maßnahme – und durch die Festsetzung einer Schutzzone – wird am ehesten der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.
Anmerkung: Auch wenn folgende Empfehlung formalrechtlich nicht Teil der Stellungnahme sein kann, so möchte die Initiative Denkmalschutz dennoch betonen, dass die hier in der Stellungnahme gegebenenfalls vorgeschlagenen Einschränkungen der Bebaubarkeit im Sinne der Erhaltung des historischen Stadtbildes immer mit entsprechenden Förderungen und Ausgleichsmaßnahmen seitens der Stadt Wien einhergehen müssen, sodass den Eigentümern dadurch keine Nachteile entstehen (z.B. Planwertausgleich, Mehrwertabgabe/-umverteilung bei Umwidmungsgewinnen / Wertsteigerungen).*
* Vgl.: Laura Sidonie Mayr, Das Instrument der Mehrwertabgabe – Ein potentielles Anwendungsmodell für Österreich (Kurzzusammenfassung der Ergebnisse der Diplomarbeit: „Die Mehrwertabgabe in der Raumplanung: Abschöpfung von Widmungsgewinnen als potentielles Instrument für Österreich“, 2018, TU Wien). In: „Der öffentliche Sektor – The Public Sector“, 2018, Vol. 44(2), Seite 39-49. (https://oes.tuwien.ac.at/article/484/galley/484/view)
Die Stellungnahme im Detail:
Zur Bedeutung des Khleslplatzes:
Der Khleslplatz, bis 1894 Kirchenplatz genannt, bildet den historischen Ortskern von Altmannsdorf und war ursprünglich ein Dreieckangerdorf, das auch heute noch durch überwiegend niedrige, ein- bis zweigschoßige Häuser charakterisiert wird (der Dreieckangerplatz stammt aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts). Der heutige Khleslplatz wurde bereits 1973 (gemeinsam mit dem Spittelberg) zur ersten Schutzzone Wiens erklärt und bekommt schon durch dieses frühzeitige Anerkennen seines erhaltenswerten Ensemblecharakters eine zusätzliche besondere Bedeutung.
Hauptkritikpunkte: Khleslpatz 3 und Khleslplatz 8 (Hetzendorfer Straße 10)
Auf den Grundstücken Khleslplatz 8 (Grundstücksnr. 23) und Khleslplatz 3 (Grundstücksnr. 39 und 38/3) sollen auf zwei im aktuell gültigen Plandokument Nr. 7521 als „Grünland“ gewidmeten Flächen (mit der ausdrücklichen Untersagung zur Errichtung von ober- und unterirdischen Gebäuden; „BB 8“) im vorliegenden Planentwurf plötzlich Bauflächenwidmungen mit „W II“ ausgewiesen werden.
Khleslplatz 8, Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz
Das würde einer für den Platz sehr großen Bauhöhe von 12 Meter entsprechen, bis zum möglichen Dachfirst sogar 16,5 m. Eine solch gravierende Abkehr von der aktuell gültigen Widmung ist sachlich schwer nachvollziehbar, zumal die beiden Gebäude, auch wenn etwas vom Khleslplatz abgerückt, eine negative Wirkung auf den Gesamteindruck des Platzes verursachen würden. Insbesondere bei Khleslplatz 8 würde der Neubau den historischen, ebenerdigen Trakt deutlich überragen und sich sehr negativ auf das historische Platzbild auswirken (dies im Erläuterungsbericht auf S. 7 als eine „sensible[!] Nachverdichtung“ darzustellen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie). Im Zuge der geplanten, neuen Bauflächenausweisung am Khleslplatz 3 soll sogar die Schutzzone verkleinert werden (detto auf Grundstücknr. 37 bei Khleslplatz 2), was seitens der Initiative Denkmalschutz strikt abgelehnt wird. Begrüßt wird die niedrigere Bauhöhenwidmung des Straßentrakts, nur mehr 3,5 m statt aktuell gültig 5,5 m, besser wäre es aber noch stärker auf die Bestandshöhe zu reduzieren (ca. knapp 3 m). Im Gegenzug wird offenbar die Baufläche des südlichen Seitentrakts vergrößert und der nördliche Seitentrakt nach Osten etwas verlängert (ein wenig zu stark vergrößert und verlängert).
Khleslplatz 3, Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz
Im Zuge der Besprechungen mit Mitarbeiter:innen der Stadtplanung im Rahmen der öffentlichen Planentwurfspräsentation im Amtshaus (6. und 25.2.) bekam man den Eindruck, dass die Umwidmung der beiden Grundstücke Khleslplatz 3 und Khleslplatz 8 mit dem privaten Grundstück „An den Eisteichen 5“ (Grundstücksnr. 271/5), das für die Errichtung der neuen AHS „An den Eisteichen“ benötigt wird, als gegenseitige Bedingung zwingend verknüpft wurde. Dies scheint sich zu bestätigen in der Darstellung des ORF Radio Wien Stadtjournals vom 8. März (7:30 Uhr), darin heißt es: „Bezirksvorsteher Wilfried Zankl von der SPÖ sagt, dass die geplante AHS dringend notwendig für den Bezirk sei, diese könne allerdings erst gebaut werden, wenn die Schutzzone verkleinert worden ist.“ Falls eine solche Vorgehensweise zutreffen sollte, zwei Umwidmungen am Khleslplatz (mit Verkleinerung der Schutzzone) im Abtausch mit der Ermöglichung der Errichtung der AHS kann unmöglich den allgemeinen Richtlinien einer sachlichen und objekten Stadtplanung entsprechen. Diese Vorgehensweise wird aufs Schärfste kritisiert.
Weitere, wesentliche Punkte: Khleslplatz 9 und Schüttkasten „An den Eisteichen “
Khleslplatz 9: Das ebenerdige Vorstadthaus mit seiner frühhistoristischen Fassadengliederung ist mit Bauklasse W I 7, 5 m viel zu hoch gewidmet. Auch wenn dieser Bebauungsplan bereits im aktuell gültigen Plandokument so ausgewiesen ist, wird dringend und nachdrücklich angeregt, im Sinne des Stadtbildschutzes die Höhenwidmung möglichst genau dem Bestand anzupassen (ca. W I 3,5 m).
Khleslplatz 9, Teil der ältesten Schutzzone Wiens, Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz
Schüttkasten „An den Eisteichen“: Der historische Schüttkasten, direkt neben der Ubahn-Linie U6 gelegen (bei „An den Eisteichen Nr. 5)“, ist der letzte von ursprünglich mehreren Wirtschaftsgebäuden der historischen Schlossanlage Altmannsdorf, der sich erhalten hat. Sehr begrüßt wird die erstmalige Ausweisung als Schutzzone im aktuellen Planentwurf. Kritisch gesehen wird die Ausweisung der nördlich benachbarten Fläche als „GB GVI 7,5 m“ im aktuell vorliegenden Planentwurf. Es wird vorgeschlagen – so wie im Gründruck/Vorentwurf (des Planentwurfs; Juli 2024) – diese Fläche nur mit Bauklasse I beschränkt auf 3,5 m auszuweisen (also 4 Meter niedriger), um die Wahrnehmbarkeit des historischen Schüttkastens besser zur Geltung zu bringen. Wieso im aktuellen Planentwurf (Rotdruck) die Höhe von 7,5 m nötig sein soll, erschließt sich unserem Verein nicht, zumal die Höhe von 3,5 m für die Umsetzung des benachbarten Schulneubaus (Jurierung des Siegerprojekts war im Februar 2024) völlig ausreichend ist.
Schüttkasten “An den Eisteichen” (bei Nr. 5), Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz
Weitere Anregungen:
Khleslplatz 2: Die platzseitigen Trakte sind im aktuellen Planentwuf zu hoch ausgewiesen (im aktuell gültigen Plandokument W I 5,5 m und jetzt im Planentwurf wieder W I 5,5 m vorgesehen). Diese sollten auf Bestandshöhe (ca. 4 m bis 5 m ?) gewidmet werden, was vor allem im Sinne des historischen Platzcharakters wichtig wäre. Die Schutzzonenverkleinerung im hinteren Bereich wird abgelehnt (Grundstücknr. 37; vgl. Kommentar zu Khleslplatz 3).
Khleslplatz 2, erbaut um 1820, zum Platz vorragender giebelständiger Wohntrakt (Lisenengliederung, barockisierende Parapete), seitlich zurückgestufter Tortrakt, breites Rechteckportal flankiert von toskanischen Säulen (Spolien, 17. Jh.?); hofseitig Glashaus-Aufbau, 20. Jh. (Quelle: Dehio, BDA), Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz
Hetzendorfer Straße 8 (neben Khleslplatz 3): im Planentwurf ist eine Erhöhung auf W I 6 m (von W I 5,5 m) vorgesehen, auf jeden Fall sollte es bestandsgenau gewidmet werden (ca. 5,5 m?). Die Bauhöhe im Bebauungsplan ist bei den Trakten zum Khleslplatz bzw. zur Hetzendorfer Straße hin zu hoch. Hier sollte die Höhe möglichst bestandsgenau ausgewiesen werden (W I ca. 4 m).
Hetzendorfer Straße 6: Bei diesem Vorstadthaus mit seiner historistischen Fassade aus 1904 möge die gewidmete Bauhöhe möglichst bestandsgenau bei W I 5,5 m belassen bleiben (statt wie jetzt im Planentwurf vorgesehen W I 6 m).
Hetzendorfer Straße 6 mit historistischer Fassade aus 1904, Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz
Oswaldgasse 75 (neben Khleslplatz 1): Hier wird die Grünland-Widmung im Innenhof begrüßt (bis jetzt gültig „W I 5,5 m“).
Abschließend wird nachdrücklich vorgeschlagen, für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.
Scharf kritisiert werden muss bei der Stellungnahme des Fachbeirats für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe (13. November 2024), dass sich der Experte auf dem Fachgebiet Landschaftsarchitektur, Herr Dipl.-Ing. Karl Grimm, für Befangen erklärt hat. Dieses Fachgebiet wäre aber besonders wichtig gewesen, da es beim vorliegenden Planentwurf um die Verbauung von großen Flächen von Grünland geht; umso unverständlicher, dass bei Befangenheiten von Fachbeiratsmitgliedern keine Ersatzmitglieder vorgesehen sind.
Realisierungswettbewerb als „Fait accompli“ – „Anhörungsrecht“ wird zur Makulatur!
Da der Standort „An den Eisteichen“ seit 1971 als Schulstandort vorgesehen ist (vgl. Erläuterungsbericht S. 5) und bereits ein Realisierungswettbewerb seitens der Bundesimmobiliengesellschat (BIG) durchgeführt wurde, den die S.E.A. Shibukawa Eder Architects ZT GmbH im Rahmen der Jurierung im Februar 2024 gewonnen hat (vgl. Erläuterungsbericht S. 5 bzw. https://www.sea.gmbh/projekt/brg-an-den-eisteichen/ und https://www.wien.gv.at/stadtplanung/schule-an-den-eisteichen) und die Verbauung ohnehin besiegelt zu sein scheint, wird die Abgabe einer Stellungnahme zur Umwidmung in diesem Bereich zur reinen Makulatur, also absolut sinnlos. Warum hier die Stadt Wien ernsthaft noch die Meinung der Wiener Bürger:innen und NGOs im Rahmen der öffentlichen Auflage einholen will, wo doch längst alles lange vor dem Beschluss des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans politisch akkordiert und quasi beschlossen wurde, muss offen bleiben. Die Abgabe einer solchen Stellungnahme in diesem Bereich wird damit wohl zu einem reinen Formalakt ohne Wirkungsmöglichkeit degradiert. Hier hätte der Gesetzgeber in der „Bauordnung für Wien“ bereits vor dem Umwidmungsverfahren die formale Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einfügen müssen (im Sinne eines formalen “Anhörungsrechts” und nicht nur durch informelle Informationskanäle und -veranstaltungen). Unser Verein Initiative Denkmalschutz möchte hier ausdrücklich diese seit längerem eingerissene Unsitte der Stadt Wien aufzeigen, die Bürger:innen erst dann formal in die Stadtplanung/Stadtentwicklung einzubinden, wenn unter Umgehung jeglicher Partizipationsmöglichkeit alles längst politisch ausgehandelt wurde.
Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs (Topographisches Denkmälerinventar, Hrsg. Bundesdenkmalamt), Band: Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk, Wien, 1996, S. 145 f. und S. 148
https://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2025/03/Khleslplatz-9_c-IDMS_2025-03-08_7808a.jpg507800IDM_adminhttps://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2019/10/Logo-IDMS-.pngIDM_admin2025-03-13 23:53:352025-06-23 23:08:23Khleslplatz, An den Eisteichen (Wien): Stellungnahme zum Planentwurf 8387
Initiative Denkmalschutz: Stellungnahme zur Novelle des Allgemeinen Verwaltungsverfahrengesetzes
Geschäftszahl: 2025-0.578.612
Betreff: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 geändert wird (Ministerialentwurf 35/ME)
Sehr geehrte Damen und Herren,
der vorliegende Ministerialentwurf beinhaltet gravierende und inbesondere nachteilige Änderungen für die Zivilgesellschaft. Der Gesetzgeber argumentiert mit Verfahrensbeschleunigung, Effizienzsteigerung und Vereinheitlichung. Faktum ist jedoch, dass alle beteiligten Bürgerinnen und Bürger durch die Edikt-only-Zustellung, Präklusion, verkürzte Fristen (von acht auf sechs Wochen) und den Entfall der Ediktalsperre (Hochsommerzeit sowie Weihnachtsferien) in ihrer Beteiligungsfähigkeit und ihrem Rechtsschutz gefährdet sind.
Vgl. APA-OTS-Pressseaussendung der Initiative Denkmalschutz (3.9.2025): “Beschleunigung von Großverfahren”: Schärfster Protest gegen Regierungspläne. Essentielle Bürgerrechte kommen unter die Räder. Initiative Denkmalschutz, Aktion 21 – pro Bürgerbeteiligung, Initiative Stadtbildschutz, Aktion 21 – Austria: “Unter Deckmantel der Beschleunigung Rechteeinschränkungen” (https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20250903_OTS0016)
Im ÖVP-SPÖ-NEOS Regierungsprogramm 2025-2029 “Jetzt das richtige tun. Für Österreich” findet sich im Kapitel “Entbürokratisierung und Verwaltung” das betreffende Thema “Verwaltungsverfahren” (Seite 222 f.; https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/die-
bundesregierung/regierungsdokumente.html). Neben der Verfahrensbeschleunigung wird hier auch der Verbesserung der Qualität das Wort geredet. Der vorliegende Entwurf konterkariert jedoch gravierend letztere Zielsetzung, und verschlechtert die Qualität für die Zivilgesellschaft entscheidend. Im gleichen Kapitel findet sich unter “Transparenz” die Zielsetzung “Demokratische Teilhabe (…) stärken”. Der vorliegende Gesetzesentwurf widerspricht eklatant diesen Ansprüchen! Daher wird der vorliegende Gesetzesentwurf von unserem Verein Initiative Denkmalschutz, der sich für den Schutz bedrohter Kulturgüter in Österreich einsetzt, entschieden abgelehnt. Eine so gravierende Verschlechterung der Teilhabe für die Zivilgesellschaft widerspricht auch dem eigenen Regierungsprogramm!
Der vorliegende Gesetzesentwurf widerspricht auch der von Österreich ratifizierten Aarhus-Konvention (Bundesrecht). Vgl. dazu Artikel 6“Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten”. Darin heißt es im Absatz 3: “Die Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung sehen jeweils einen angemessenen zeitlichen Rahmen für die verschiedenen Phasen vor, damit ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um die Öffentlichkeit nach Absatz 2 zu informieren, und damit der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung während des umweltbezogenen Entscheidungsverfahrens gegeben wird.” (https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?
Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20004171)
Behörde bekommt mehr Zeit – Zivilgesellschaft soll hingegen in eklatante Zeitnot kommen!
Dass es nicht um eine reine Verfahrensbeschleunigung geht, zeigt der vorliegende Entwurf im § 44e Abs. 3 AVG. Hier nimmt sich besonders frech die Behörde selbst das Recht heraus, die Verfahrensdauer für sich selbst zu verlängern. So soll die Verhandlungsschrift nicht mehr “spätestens eine Woche” nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur öffentlichen Einsicht aufgelegt werden, sondern nur mehr ”tunlichst binnen einer Woche”. Ob dies dann nur zwei Wochen oder gar Monate dauern darf, bleibt offen!
Die Zivilgesellschaft hingegen muss aber dafür ständig bereit stehen (und dies zumeist neben einen Brotberuf). Nicht nur, dass in Hinkunft erstmals auch während der Hauptferienzeit im Hochsommer sowie in den Weihnachtsferien Verfahrensanträge per Edikt kundgemacht werden dürfen (§ 44a Abs. 3 AVG), soll – zur Verschärfung – diese Ediktkundmachung gleichzeitig von acht auf sechs Wochen verkürzt werden (§ 44g Abs. 2). Ein schwerer Schlag gegen Bürgerinitiativen, wenn man bedenkt, wie diese sich z.B. in der Hauptferienzeit im Sommer bilden bzw. untereinander kommunizieren sollen. So wäre es nun plötzlich problemlos möglich von z.B. 4. Juli bis 15. August eine solche Ankündigung zu verlautbaren.
Vollständige Unterlagen bei Großverfahren sind entscheidend!
Wenn die Regierung Verfahren beschleunigen möchte, bedarf es zuerst einmal einer tiefgehenden Analyse, woran die oftmals lange Verfahrensdauer liegen könnte. Diese wichtige Analyse fehlt jedoch; denn unserer Erfahren nach liegt eine überlange Verfahrensdauer in den allermeisten Fällen nicht an den Bürgerinitiativen und NGOs selbst, sondern an der Unvollständigkeit der Unterlagen seitens der Projekteinreicher bzw. am Ausreizen der Gesetzeslage bis über deren Grenzen. Es hat für unseren Verein den Anschein, dass es der Bundesregierung primär darum geht, der Zivilgesellschaft möglichst viele “Prügel vor die Füße” zu werfen, um deren Einspruchsmöglichkeiten möglichst klein zu halten und den Aufwand für Einsprüche möglichst groß zu gestalten. Das wäre dann eine besonders euphemistische Art der Verfahrensbeschleunigung.
Zweck und Zielsetzung unseres Vereins Initiative Denkmalschutz ist “der Einsatz für den nachhaltigen Schutz und den Erhalt gefährdeter Kulturgüter und Kulturlandschaften im Rahmen der Denkmal-, Orts- und Stadtbildpflege”. Der vorliegende Gesetzesentwurf greift hier gravierend negativ ein, denn insbesondere UVP- sowie SUP-Verfahren (UVP = Umweltverträglichkeitsprüfung; SUP = Strategische Umweltprüfung) sind für das kulturelle Erbe sowie für den Stadtbild- und Ortsbildschutz (Stichwort: Landschaft) von strategischer Bedeutung, wie der aktuelle Fall, das UNESCO-Weltkulturerbe “Historisches Zentrum von Wien” gefährdende Heumarkt-Hochhausprojekt zeigt, bei dem schon das dritte von der Behörde selbst (!) “angezettelte” Feststellungsverfahren läuft.
Mit freundlichen Grüßen
Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
Im Namen des Vorstandes: Markus Landerer, DI Dr. Alexander Schmiderer, Dr. Reingard Hofbauer; Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien, www.initiative-denkmalschutz.at, eMail: , ZVR-Nr.: 049 832 110, tel.: 0699 / 1024 4216
https://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2014/03/paragraph.jpg800800IDM_adminhttps://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2019/10/Logo-IDMS-.pngIDM_admin2025-09-05 23:28:102025-09-29 09:56:55Initiative Denkmalschutz: Stellungnahme zur AVG-Novelle
Theaterschloss mit filmreifen Ende. Das Traumpalais des Grafen Lanckoroński in der Nähe des Belvedere in der Rubrik “Verlorenes Erbe” – jeden Dienstag ab 17:30 Uhr auf ORF 2 in der Sendung “Studio 2”. Theaterschloss deshalb, weil es von den besten Theaterarchitekten Europas entworfen worden ist. Das Ende war filmreif, weil es wie in jeder gut gemachten Tragödie war: Kurz vor dem unvermeidlichen schlimmen Ende sieht es einmal noch kurz so aus, als ob es doch noch gut ausgehen könnte. ORF-FERNSEHBEITRAG ANSEHEN (4 MIN):https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14042737/Theaterschloss-mit-filmreifen-Ende/14650638. +++ Das Palais Lanckoroński war ein in den Jahren von 1894 bis 1895 von den Theaterarchitekten Ferdinand Fellner d. J. und Hermann Helmerfür den Kunstsammler, Mäzen und Denkmalpfleger Karl Graf Lanckoroński errichtetes neobarockes Gebäude im Fasanviertel im Wiener Bezirk Landstraße, an der Jacquingasse 16–18 (Ecke heutiger Landstraßer Gürtel). Das Palais beherbergte die große Kunstsammlung des Grafen und war ein Treffpunkt für Künstler und Adel. Das Gebäude und die Sammlung hatten den Charakter eines öffentlichen Museums. Wikipedia-Eintrag weiterlesen:https://de.wikipedia.org/wiki/Palais_Lanckoro%C5%84ski.
Buchtipp:
Edgard Haider, Verlorenes Wien. Adelspaläste vergangener Tage. Böhlau, Wien-Köln-Graz 1984 (auf Seite 114 bis 118 ist das Palais samt Ausstattung ausführlich beschrieben und bebildert; Buch vergriffen). +++ Website des Historikers Edgard Haider: https://www.historia-animata.net.
https://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2020/02/Palais_Lanckoronski_Wikipedia_Archiv-Bezirksmuseum-Landstraße_a.jpg454800IDM_adminhttps://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2019/10/Logo-IDMS-.pngIDM_admin2020-02-25 20:27:192020-02-25 20:27:48Verlorenes Erbe: Fernsehreihe im ORF - Palais Lanckoronski neben Belvedere in Wien
Im ORF-Vorabendprogramm auf “Studio 2” wurde am 4.11.2021 das ehemalige Haus Wassermann in Wien-Grinzing vorgestellt ORF-FERNSEHBEITRAG: https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14111682/Villa-Wassermann-Ein-Anbau-und-seine-Folgen/15028175. Die federführend von Oskar Strnad (in Ateliergemeinschaft mit Josef Frank und Oskar Wlach) 1914-15 erbaute Villa des bekannten jüdischen Schriftstellers Jakob Wassermann (* 1873, +1934) wäre vor wenigen Jahren fast abgerissen worden. Ein Immobilieninvestor wollte an Stelle des Hauses in der Paul-Ehrlich-Gasse 4 einen Neubau errichten, doch im Zuge der Einverleibungsphase (Kauf) trat das Bundesdenkmalamt auf den Plan und stellte die Villa noch rechtzeitig (Dezember 2015) unter Denkmalschutz. “Oskar Strnad gehört zu den prägendsten Persönlichkeiten der sog. ‘Zweiten Wiener Moderne’ der Zwischenkriegszeit” (Zitat Architektenlexikon). Im ORF-Interview kommt der Strnad-Exprte Rainald Franz (MAK) sowie der Bauunternehmer Gerhard Hudecek zu Wort. Nebenan (Paul Ehrlich-Gasse 8) stand bis 2016 auch noch die 1932 erbaute Villa (Haus Gerzabek, Entwurf Hans Adolf Vetter) des berühmten Entertainers Peter Alexander (* 1926, + 2011), die jedoch abgerissen wurde, um einen Mehrparteienwohnhaus Platz zu machen. Dieses Schicksal ist der Villa Wassermann erspart geblieben, hat dafür aber einen modernen Anbau erhalten. Jetzt ist der Bauunternehmer Hudecek stolz mit dem Ergebnis und bezeichnet es als “eine Symbiose zwischen einem Neubau mit sehr hoher Qualität und einem historischen Kulturdenkmal, das wir erhalten konnten”. Nicht ganz so euphorisch zeigt sich der Strnad-Experte Rainald Franz, zumal der Neubau zu nah an den Altbau herangerückt wurde. Kommentar des ORF-Reporters Rupert Reiter-Kluger über das bauliche Ergebnis: “Die österreichische Lösung: ein bisserl Denkmalschutz, ein bisserl nicht, hat jedenfalls hier ein Beispiel geschaffen, über das noch viel diskutiert werden kann.”
Oskar Strnad wurde in Zusammenarbeit mit Oskar Wlach und Josef Frank zu einem Vorreiter einer Wiener Moderne, die unter Einfluss der Theorien von Adolf Loos eine höchst eigenständige Position einnahm. Betreffend des Hauses Wassermann (und des ebenfalls von Strand erbauten Haus Hock in der Cobenzlgasse 71, Wien-Grinzing): “Wesentlich war die Zusammenfassung aller Wohnbereiche in einer großen zentralen Halle, die durch eine ausgeklügelte Weg- und Treppenführung mit dem Oberstock und dem Außenbereich verbunden war, wobei der Gedanke der Wegführung durch ein Gebäude sowohl für Strnad als auch für Frank ein bestimmendes Element der Planung darstellte. Dieses Raumsystem führte zu einem betont asymmetrischen Baukörper, dessen unterschiedlich geformte Wandöffnungen frei angeordnet waren. Dieses für die Zeitgenossen höchst ungewöhnliche Konzept, das zum Teil auch auf herbe Kritik stieß, wurde in formaler Hinsicht durch eine Anlehnung an Elemente des Biedermeier oder des Klassizismus (wie ein Dreieckgiebel oder ein Säulenportikus) ergänzt, was den Gebäuden einen etwas manieristischen Charakter verlieh.” (Zitat aus “Stellenwert” des Architekten Oskar Strnad im Architektenlexikon).
Literatur:
– Unterschutzstellungsbescheid des Bundesdenkmalamtes (25-seitig; GZ: BDA-59068.obj/0008-WIEN/2015), 16. Dezember 2015
– Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/3, Wien 19.-23. Bezirk, St. Pölten – Salzburg 2010, Seite 92 f.
– Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs, Band: Wien X.-XIX. Bezirk und XXI. bis XXIII. Bezirk (Topographisches Denkmälerinventar, herausgegeben vom Bundesdenkmalamt), Wien 1996, Seite 591
https://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2021/11/Paul-Ehrlich-G-4_Haus-Wassermann_iD-630.jpg533800IDM_adminhttps://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2019/10/Logo-IDMS-.pngIDM_admin2021-11-09 23:13:402021-11-10 01:43:55Haus Wassermann (Wien): Denkmalschutz kam Abriss zuvor
Stellungnahme zum Planentwurf 8416
Am Kahlenberg, Josefsdorf
Für das Gebiet zwischen Linienzug 1-2 (Höhenstraße), Linienzug 2-7 und Linienzug 7-8-1 (Am Kahlenberg) im 19. Bezirk, Katastralgemeinde Josefsdorf
Öffentliche Auflage 9. Jänner bis 20. Februar 2025
Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Durch diese Maßnahme – und durch die Festsetzung einer Schutzzone – wird am ehesten der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.
Anmerkung: Auch wenn folgende Empfehlung formalrechtlich nicht Teil der Stellungnahme sein kann, so möchte die Initiative Denkmalschutz dennoch betonen, dass die hier in der Stellungnahme gegebenenfalls vorgeschlagenen Einschränkungen der Bebaubarkeit im Sinne der Erhaltung des historischen Stadtbildes immer mit entsprechenden Förderungen und Ausgleichsmaßnahmen seitens der Stadt Wien einhergehen müssen, sodass den Eigentümern dadurch keine Nachteile entstehen (z.B. Planwertausgleich, Mehrwertabgabe/-umverteilung bei Umwidmungsgewinnen / Wertsteigerungen).*
* Vgl.: Laura Sidonie Mayr, Das Instrument der Mehrwertabgabe – Ein potentielles Anwendungsmodell für Österreich (Kurzzusammenfassung der Ergebnisse der Diplomarbeit: „Die Mehrwertabgabe in der Raumplanung: Abschöpfung von Widmungsgewinnen als potentielles Instrument für Österreich“, 2018, TU Wien). In: „Der öffentliche Sektor – The Public Sector“, 2018, Vol. 44(2), Seite 39-49. (https://oes.tuwien.ac.at/article/484/galley/484/view)
Die Stellungnahme im Detail:
Erfreulich ist, dass als Anlass und wesentliche Zielsetzung des vorliegenden Umwidmungsentwurfs die „Bedachtnahme auf das örtliche Stadtbild des Josefsdorfs mit seinem historischen Gebäudebestand“ angegeben wird. „Weiters gilt es dieses Stadtgebiet im Hinblick auf eine etwaige Ausweisung einer Schutzzone gemäß § 7 der BO für Wien zu überprüfen.“ (vgl. „Maßgebliche Entwicklungen und Planungen“, Erläuterungsbericht S. 7 f.).
Zu befürchten ist jedoch, dass die seit 2. November 2023 gültige Bausperre (Plandokument Nr. 8403) gemäß § 6 Abs. 2 Wiener Bauordnung zu spät kommt, denn wenige Monate zuvor gab es bereits eine Bauverhandlung für ein Bauprojekt auf dem Gelände dieser alten Klostersiedlung und bis dato ist keine Schutzzone ausgewiesen (vgl. u.a. ORF Wien Bericht vom 7.6.2023: „Döbling kämpft um Ortsbild am Kahlenberg. Aufregung herrscht in Döbling rund um ein Bauprojekt am Kahlenberg. Noch liegt keine Bewilligung vor, der Bezirk will das Ortsbild aber jedenfalls erhalten.“: https://wien.orf.at/stories/3210807).
Grundsätzlich wird die erstmalige Ausweisung einer Schutzzone am Kahlenberg im Bereich und östlich der Josefskirche sehr begrüßt, zumal das so bezeichnete Josefsdorf auch heute noch einen historisch bedeutenden Ort darstellt, wie dies auch an den zahlreichen Unterschutzstellungen durch das Bundesdenkmalamt im Plangebiet ablesbar ist. Das von Kaiser Ferdinand II. im 17. Jahrhundert gegründeten Kloster der Kamaldulenser, das von Kaiser Joseph II. 1782 aufgelöst wurde, bestand ursprünglich aus vier regelmäßigen Reihen von giebelständigen Häuschen – den Klosterzellen – und Gemeinschaftseinrichtungen. Die ehemalige Eremitage zeigt sich heute in neun im nördlichen Teil noch bestehenden, teils authentischen, teils stark veränderten Klosterzellen (vgl. Erläuterungsbericht S. 2).
Umso wichtiger ist es daher, dass einige Gebäude bereits unter Denkmalschutz gemäß Bundesgesetz stehen (Denkmalschutzgesetz). Unter Denkmalschutz stehen neben der katholischen Pfarrkirche samt Brunnen (beide per Verordnung, § 2a unter Denkmalschutz) die ehemaligen Camadulenserzellen (Am Kahlenberg Nr. 15*, 18, 21), ein „Wehrturm samt Mauer“ (bei „Am Kahlenberg 18“) sowie die Camaldulensergrotte (auf Grundstücksnummer 16 im Nordosten der als SWW ausgewiesenen Fläche im Plangebiet gelegen**). Die Adresse „Am Kahlenberg 19“, wie im Erläuterungsbericht (S. 3) angeführt, steht gemäß (nicht rechtsverbindlichen) Denkmalverzeichnis des Bundesdenkmalamtes jedoch offenbar nicht unter Schutz. (Alle anderen unter Denkmalschutz per Bescheid, gemäß § 3 Denkmalschutzgesetz.).
Nicht nur die Mitglieder des Fachbeirates für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe „begrüßen die bestandsdorientierte Widmung sowie die Ausweisung einer Schutzzone“ im Plangebiet in deren Stellungnahme (16.10.2024), sondern – wie erwähnt – auch unser Verein Initiative Denkmalschutz, wiewohl in Bezug auf die bebaubaren Flächen noch einige Adaptierungen aus unserer Sicht empfohlen werden.
Ehem. Camaldulenserzellen, Am Kahlenberg 18-19 (vermutlich richtig: Nr. 19 links und Nr. 18 rechts im Bild), Foto: 8.2.2025, (c) Initiative Denkmalschutz
Diese umfassende Ausweisung einer Schutzzone im vorliegenden Planentwurf ist umso wichtiger, als nicht alle historischen Gebäude im Plangebiet unter Denkmalschutz stehen (z.B. stehen nicht unter Denkmalschutz: Am Kahlenberg Nr. 12, 13, 14 und 19). Es wird weiters vorgeschlagen, den Bereich, der im Planentwurf als „SWW“ ausgewiesen wird, auch noch als Schutzzone auszuweisen und insbesondere in Richtung Osten zu erweitern, in diesem Bereich (Grundstücksnr. 16) befindet sich die erwähnte unterirdische, bereits seit 1926 ** denkmalgeschützte(!) Camaldulensergrotte, die auch der Fachbeirat für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe in seiner Stellungnahme besonders hervorhebt (Zitat: „Es wird darauf hingewiesen, dass sich im Sww ein historischer Kellner [sic] befindet.“). Diese Grotte wird jedoch im Erläuterungsbericht vergessen zu erwähnen. Die Initiative Denkmalschutz schließt sich in diesem Zusammenhang den Ausführungen des Fachbeirates an, dass noch „eine weiterführende Untersuchung des Sachverhalts empfohlen wird.“
Stark kritisiert wird jedoch die Ausweisung einer übergroßen Baufläche im Bereich der Häuser „Am Kahlenberg 20 und 21“. Hier könnte durch die großzügige Ermöglichung von Anbauten das historische Erscheinungsbild stark beeinträchtigt werden. Es wird daher empfohlen, die Baufluchtlinien in diesem Bereich möglichst genau dem Bestand anzupassen.
Am Kahlenberg Nr. 21 und Nr. 20 (ehem. Kamaldulenserzelle noch giebelständig), Foto: 8.2.2025, (c) Initiative Denkmalschutz
Sehr begrüßt wird die Ausweisung der besonderen Bebauungsbestimmung („BB2“), denen zufolge auf den als Bauland/Wohngebiet gewidmeten Flächen die Firste der Dächer parallel zu den seitlichen Grundgrenzenverlaufen müssen. Es wird empfohlen, dass diese „BB2“ auch für das Gebäude „Am Kahlenberg 20“ gelten möge, da dieses Haus ebenso giebelständig zur Straße orientiert ist.
Die Ausweisung einer Baufläche im Bereich des vorhandenen Parkplatzes (im Planentwurf ausgewiesen als 23 Meter lang und 16 Meter breit) wird auch etwas kritisch gesehen, zumal diese Bauflächenausweisung eine „historische“(?) Mauer „durchschneidet“. Es sollte dabei unbedingt die ursprüngliche historische Struktur in diesem Bereich überprüft und ggf. noch einmal abgewogen werden (vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Josefsdorf_(Wien)#/media/Datei:Kahlenberg_-_Josefsdorf_(1819).JPG).
Abschließend wird nachdrücklich vorgeschlagen, für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.
* In einer älteren BDA-Denkmalverzeichnis (z.B. aus 2013) mit der Adresse: „Josefsdorf 15, 17“ beschrieben, in der aktuellen Denkmalliste – bei gleicher Angabe der Grundstücksnummern – nur mehr als („Am Kahlenberg“) Nr. 15 verzeichnet. Eine Nr. 17 wird, wie auch im Stadtplan und im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (ebenso im vorliegenden Planentwurf) nicht mehr verzeichnet, wiewohl auch vor Ort noch eine solche Bezeichnung am Gebäude angebracht ist („Josefsdorf 15-17“).
** Vgl. Birgit Knauer, Dissertation, Wien 2018, Seite 146
Literatur / Quellen:
Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs (Topographisches Denkmälerinventar, Hrsg. Bundesdenkmalamt), Band: Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk, Wien, 1996, S. 573 f.
Medienberichte zum geplanten Bauprojekt im Josefsdorf / Am Kahlenberg:
07.06.2023, ORF Wien Döbling kämpft um Ortsbild am Kahlenberg
Aufregung herrscht in Döbling rund um ein Bauprojekt am Kahlenberg. Noch liegt keine Bewilligung vor, der Bezirk will das Ortsbild aber jedenfalls erhalten. Erste Arbeiten sollen schon begonnen haben und Bäume gefällt worden sein. https://wien.orf.at/stories/3210807/
07.06.2023, Kronenzeitung Bauprojekt Josefsdorf: Gerüchte um „Scheich-Oase“ auf dem Kahlenberg https://www.krone.at/3026493
05.06.2023, MeinBezirk Ortsbild in Döbling: Anrainer am Kahlenberg besorgt über Bauprojekt
In der Nähe der St. Josef Kirche am Kahlenberg soll ein größeres Wohngebäude errichtet werden. Die Anrainer sind besorgt, passt dies mit dem Ortsbild am Berg zusammen? Die BezirksZeitung bekam Auskunft vom Projektbetreiber. Er beruhigt, das Vorhaben wäre seiner Ansicht nach vielmehr eine Wiederherstellung des ehemaligen Ortscharakters. https://www.meinbezirk.at/doebling/c-lokales/anrainer-am-kahlenberg-besorgt-ueber-bauprojekt_a6079527
Was bleibt vom “offensiven Altbautenschutz” der Stadt Wien? Abbrüche erhaltenswerter Gebäude gehen weiter.
Trotz vielfacher “Verschärfungen” in der Bauordnung gibt es weiterhin große Lücken, eine davon ist das fehlende Budget für Förderungen von Altbauten außerhalb von Schutzzonen.
Wien (OTS) — Aktuell wird wieder ein erhaltenswertes Gründerzeithaus in Wien abgerissen (Obere Amtshausgasse 41, 5. Bezirk). Und wieder heißt die Begründung: “wirtschaftliche Abbruchreife”.
Das “Nicht-Ende der wirtschaftlichen Abbruchreife”
Doch wie kann es sein, dass die Stadt Wien noch im April stolz das “Faktische Ende der wirtschaftlichen Abbruchreife” verkündet und trotzdem kühn und falsch(!) behauptet, dass seit der Bauordnungsnovelle 2023 “von der Baupolizei keine ‘wirtschaftliche Abbruchreife’” mehr “erteilt wurde” (OTS, 16.4.2025), wenn doch die zuständige Stadträtin Kathrin Gaal in Ihrer Anfragebeantwortung vom 22.8. an den Gemeinderat Georg Prack (Grüne) eingestehen muss, dass im Jahr 2024 sieben Abbruchbewilligungen mit dieser Begründung erteilt wurden (PGL-842712-2025-KGR/GF)?!
Das Problem mit dem Wiener Altstadterhaltungsfonds
Auch wenn in den letzten Jahren das Budget für die Altstadterhaltung vom absoluten Tiefpunkt im Jahr 2019 (Ꞓ 0,73 Mio.) mittlerweile wieder auf Ꞓ 2,6 Mio. im Jahr 2024 angehoben wurde, kommt die Fördersumme nicht mehr an die Jahre 2001 bis 2015 heran (Ohne Inflationsbereinigung! Damals betrug die Fördersumme z.B. im Jahr 2006 beachtliche Ꞓ 8,69 Mio.!).
Keine Förderung für Altbauten außerhalb von Schutzzonen
Wenn die zuständige Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal von einem “strengeren Regulativ für den Erhalt von Gründerzeithäusern” spricht (OTS, 18.9.2024), so gilt dies nicht für erhaltenswerte Altbauten außerhalb von Schutzzonen, da hier für die “wirtschaftliche Zumutbarkeit” aus budgetären Mängel keine Fördersumme durch den Wiener Altstadterhaltungsfonds in die Kalkulation eingerechnet werden kann.
Das Gründerzeithaus Obere Amtshausgasse 41 in Wien-Margareten während des Abbruchs, Foto: 15.9.2025, (c) Initiative Denkmalschutz (ML)
Besonders schmerzlicher Altbauverlust im 15. Bezirk
Im Zuge des Abrisses in der Äußeren Mariahilfer Straße 160 (ehemaliges Kino Handl) wurde im Mai dieses Jahres auch das wertvolle Biedermeierhaus in der Sperrgasse 2 abgebrochen. Auf Nachfrage beim Wiener Altstadterhaltungsfonds wurde unserem Verein Initiative Denkmalschutz bestätigt, dass es die Förderungen “auch aus budgetären Gründen” nur mehr für Altbauten gibt, die sich in Schutzzonen befinden oder unter Denkmalschutz stehen. Sowohl die Sperrgasse 2 als auch die Obere Amtshausgasse 41 stehen außerhalb einer Schutzzone.
28 Abbruchbewilligungen in den Jahren 2023 und 2024
Mit der Begründung “wirtschaftliche Abbruchreife” wurden 2023 21 Abbruchbewilligungen erteilt, 2024 sieben. Knapp 80 % davon betrafen davon Altbauten außerhalb von Schutzzonen, obwohl seit der großen Bauordnungsnovelle 2018 auch diese grundsätzlich geschützt sind.
Höhere Dotierung des Wiener Altstadterhaltungsfonds nötig
Um diese Abbruchflut eindämmen zu können, bedarf es einer deutlich höheren Dotierung des Wiener Altstadterhaltungsfonds, sodass hinkünftig auch wieder Altbauten außerhalb von Schutzzonen gefördert werden können.
Forderung: Zwangsverwaltung für leerstehende Altbauten
Im November letzten Jahres stellte Bürgermeister Michael Ludwig und die zuständige Stadträtin Kathrin Gaal das “7-Punkte-Paket zum Schutz von Altbau-Mieter*innen” vor (OTS, 6.11.2024). Das Problem dabei, es geht mehr um den “Schutz” der Mieter als um den Altbauschutz selbst. So kann die MieterHilfe Wien in gewisser Weise auch als Unterstützer von Hausspekulanten gesehen werden, wenn diese mit dem Aushandeln von Ersatzwohnungen oder Abschlagszahlungen für die letzten Mieter den Hausspekulanten gleichzeitig dabei helfen, das Haus bestandsfrei zu bekommen, um es in Folge abreißen zu können (Beispiel Radetzkystraße 24-26 im Jahr 2022; drei Jahre zuvor hieß es noch “Voller Erfolg für MieterInnen und MieterHilfe”). Viel effektiver im Sinne des Altstadtschutzes wäre es, wenn die Stadt Wien auch leerstehende Altbauten unter Zwangsverwaltung stellen könnte, und nicht nur bewohnte Häuser (vgl. § 6 Mietrechtsgesetz).
Rückfragen & Kontakt
Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter, Markus Landerer, tel. 0699/1024 4216, Dr. Gerhard Hertenberger, tel.: 0676/772 34 33, https://www.idms.at
Details zur Aussendung:
Stichwörter: Architektur, Immobilien, Kultur, Politik, Recht, Denkmalpflege, Baukultur, Kulturerbe, Altstadterhaltung
Ressorts: Kultur Österreich, Chronik Österreich
https://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2025/09/Obere-Amtshausg-41_c-Peter-Nowak_Foto-2025-09-10_0542.jpg800756IDM_adminhttps://www.initiative-denkmalschutz.at/images/2019/10/Logo-IDMS-.pngIDM_admin2025-09-16 09:41:282025-10-13 11:02:33Initiative Denkmalschutz: Was bleibt vom Altbautenschutz in Wien? Abbrüche gehen weiter!