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Initiative Denkmalschutz: Was bleibt vom Altbautenschutz in Wien? Abbrüche gehen weiter!

APA-OTS-Presseaussendung, 16. September 2025

Channel: Kultur, Chronik

Was bleibt vom “offensiven Altbautenschutz” der Stadt Wien? Abbrüche erhaltenswerter Gebäude gehen weiter.

Trotz vielfacher “Verschärfungen” in der Bauordnung gibt es weiterhin große Lücken, eine davon ist das fehlende Budget für Förderungen von Altbauten außerhalb von Schutzzonen.

Wien (OTS) — Aktuell wird wieder ein erhaltenswertes Gründerzeithaus in Wien abgerissen (Obere Amtshausgasse 41, 5. Bezirk). Und wieder heißt die Begründung: “wirtschaftliche Abbruchreife”.

Das “Nicht-Ende der wirtschaftlichen Abbruchreife”

Doch wie kann es sein, dass die Stadt Wien noch im April stolz das “Faktische Ende der wirtschaftlichen Abbruchreife” verkündet und trotzdem kühn und falsch(!) behauptet, dass seit der Bauordnungsnovelle 2023 “von der Baupolizei keine ‘wirtschaftliche Abbruchreife’” mehr “erteilt wurde” (OTS, 16.4.2025), wenn doch die zuständige Stadträtin Kathrin Gaal in Ihrer Anfragebeantwortung vom 22.8. an den Gemeinderat Georg Prack (Grüne) eingestehen muss, dass im Jahr 2024 sieben Abbruchbewilligungen mit dieser Begründung erteilt wurden (PGL-842712-2025-KGR/GF)?!

Das Problem mit dem Wiener Altstadterhaltungsfonds

Auch wenn in den letzten Jahren das Budget für die Altstadterhaltung vom absoluten Tiefpunkt im Jahr 2019 (Ꞓ 0,73 Mio.) mittlerweile wieder auf Ꞓ 2,6 Mio. im Jahr 2024 angehoben wurde, kommt die Fördersumme nicht mehr an die Jahre 2001 bis 2015 heran (Ohne Inflationsbereinigung! Damals betrug die Fördersumme z.B. im Jahr 2006 beachtliche Ꞓ 8,69 Mio.!).

Keine Förderung für Altbauten außerhalb von Schutzzonen

Wenn die zuständige Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal von einem “strengeren Regulativ für den Erhalt von Gründerzeithäusern” spricht (OTS, 18.9.2024), so gilt dies nicht für erhaltenswerte Altbauten außerhalb von Schutzzonen, da hier für die “wirtschaftliche Zumutbarkeit” aus budgetären Mängel keine Fördersumme durch den Wiener Altstadterhaltungsfonds in die Kalkulation eingerechnet werden kann.

Obere Amtshausgasse 41 in Wien-Margareten

Das Gründerzeithaus Obere Amtshausgasse 41 in Wien-Margareten während des Abbruchs, Foto: 15.9.2025, (c) Initiative Denkmalschutz (ML)

Besonders schmerzlicher Altbauverlust im 15. Bezirk

Im Zuge des Abrisses in der Äußeren Mariahilfer Straße 160 (ehemaliges Kino Handl) wurde im Mai dieses Jahres auch das wertvolle Biedermeierhaus in der Sperrgasse 2 abgebrochen. Auf Nachfrage beim Wiener Altstadterhaltungsfonds wurde unserem Verein Initiative Denkmalschutz bestätigt, dass es die Förderungen “auch aus budgetären Gründen” nur mehr für Altbauten gibt, die sich in Schutzzonen befinden oder unter Denkmalschutz stehen. Sowohl die Sperrgasse 2 als auch die Obere Amtshausgasse 41 stehen außerhalb einer Schutzzone.

28 Abbruchbewilligungen in den Jahren 2023 und 2024

Mit der Begründung “wirtschaftliche Abbruchreife” wurden 2023 21 Abbruchbewilligungen erteilt, 2024 sieben. Knapp 80 % davon betrafen davon Altbauten außerhalb von Schutzzonen, obwohl seit der großen Bauordnungsnovelle 2018 auch diese grundsätzlich geschützt sind.

Höhere Dotierung des Wiener Altstadterhaltungsfonds nötig

Um diese Abbruchflut eindämmen zu können, bedarf es einer deutlich höheren Dotierung des Wiener Altstadterhaltungsfonds, sodass hinkünftig auch wieder Altbauten außerhalb von Schutzzonen gefördert werden können.

Forderung: Zwangsverwaltung für leerstehende Altbauten

Im November letzten Jahres stellte Bürgermeister Michael Ludwig und die zuständige Stadträtin Kathrin Gaal das “7-Punkte-Paket zum Schutz von Altbau-Mieter*innen” vor (OTS, 6.11.2024). Das Problem dabei, es geht mehr um den “Schutz” der Mieter als um den Altbauschutz selbst. So kann die MieterHilfe Wien in gewisser Weise auch als Unterstützer von Hausspekulanten gesehen werden, wenn diese mit dem Aushandeln von Ersatzwohnungen oder Abschlagszahlungen für die letzten Mieter den Hausspekulanten gleichzeitig dabei helfen, das Haus bestandsfrei zu bekommen, um es in Folge abreißen zu können (Beispiel Radetzkystraße 24-26 im Jahr 2022; drei Jahre zuvor hieß es noch “Voller Erfolg für MieterInnen und MieterHilfe”). Viel effektiver im Sinne des Altstadtschutzes wäre es, wenn die Stadt Wien auch leerstehende Altbauten unter Zwangsverwaltung stellen könnte, und nicht nur bewohnte Häuser (vgl. § 6 Mietrechtsgesetz).

Rückfragen & Kontakt

Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter, Markus Landerer, tel. 0699/1024 4216, Dr. Gerhard Hertenberger, tel.: 0676/772 34 33, https://www.idms.at

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Stichwörter: Architektur, Immobilien, Kultur, Politik, Recht, Denkmalpflege, Baukultur, Kulturerbe, Altstadterhaltung
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U5-Ausbau: Initiative Denkmalschutz und Architekturrebellion Austria fordern Erhalt der Häuser Elterleinplatz und Währinger Gürtel

APA-OTS-Presseaussendung, Initiative Denkmalschutz, Montag, 9. Dezember 2024

U5-Ausbau: Initiative Denkmalschutz und Architekturrebellion Austria fordern Erhalt der Häuser Elterleinplatz und Währinger Gürtel

Eingebrachte Petition am 6.12. abgelehnt, die beiden Initiativen werden dagegen Einspruch erheben bzw. eine neue Petition starten!

Wien (OTS) – Just erst letzten Freitag, 6.12., bekamen die Initiatoren der Petition “Erhalt der historischen Eckbauten Elterleinplatz 8 und Währinger Gürtel 41. Abrisse im Zuge des U5-Baus stoppen!” die offizielle Antwort, dass die Petition aus rechtlichen Gründen nicht zugelassen wird, somit fand die abgelehnte Petition auch nicht in der am gleichen Tag abgehaltenen Sitzung des Gemeinderatsausschusses für Petitionen Erwähnung (OTS). Dem Einbringer der Petition (eingebracht am 21.11.), Stephan Erath, wurde tags zuvor noch telefonisch mitgeteilt, die Thematik sei so “komplex” und muss daher länger geprüft werden. Sehr komplex klingt der zu prüfende Sachverhalt jedoch nicht. Mit der Begründung: “Gegenstand einer Petition kann jedoch nur das Handeln von Organen der Gemeinde oder des Landes Wien sein, nicht jedoch die privatrechtliche Tätigkeit einer eigenständigen juristischen Person”. Dies, obwohl sich die Wiener Linien zu 100 % im Eigentum der Stadt Wien befinden, putzt sich die Stadt Wien ab und meint, keinen Einfluss auf die Wiener Linien ausüben zu können. Die Initiative Denkmalschutz und Architekturrebellion Austria werden daher Einspruch erheben bzw. eine neue Petition starten, um die Gründerzeithäuser am Elterleinplatz 8 (17. Bezirk) und am Währinger Gürtel 41 (18. Bezirk) doch noch vor dem Abriss zu retten.

Erfreut zeigen sich die beiden Initiativen, dass von den Grünen Hernals ein Verlangen auf Abhaltung einer Bürgerversammlung gemäß § 104c Wiener Stadtverfassung in der letzten Bezirksvertretungssitzung am 5.12. eingebracht wurde, sodass der Bezirkvorsteher Peter Jagsch (SPÖ) über die neue “Gestaltung am Elterleinplatz” in den nächsten Monaten in einer öffentlichen Veranstaltung der interessierten Wiener Bevölkerung Frage und Antwort wird stehen müssen.

 

Währinger Gürtel 41

Auch das Gründerzeithaus Währinger Gürtel 41 (Ecke Kreuzgasse 1) soll der neuen U5 geopfert werden (Station “Michelbeuern-AKH”), Foto: 2024, (c) Stephan Erath

Stadt Wien Taktik: Intransparenz und möglichst späte Information!

Wie es aussieht, hat die Wiener Stadtregierung alles daran gesetzt, die Wiener Bevölkerung möglichst spät über den “nötigen”(?) Abriss der beiden Gründerzeithäuser zu informieren, obwohl dies spätestens seit April 2022 bekannt war (MA 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung, vgl. z.B. Präsentation “U2xU5, 2. Baustufe” von Gregor Stratil-Sauer). Ohne dass es ausgeprochen wurde, hat man diese wichtige Info in Bild und Text möglichst gut “versteckt” bzw. nicht erwähnt. Echte Bürgerbeteiligung (Charta von Aalborg) und eine ehrliche Informationseinbindung umfasst auch eine “frühzeitige Information” der Bevölkerung. Es ensteht der unschöne Eindruck, dass die möglichst späte Information Absicht war, um jeden Widerstand gegen die Abrisse im Keim zu ersticken; so auch die Nichterwähnung der Petition im Gemeinderatsausschuss für Petitionen letzten Freitag.

Rückfragen & Kontakt

Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter in Österreich
Markus Landerer, tel.: 0699 / 1024 4216, Dr. Gerhard Hertenberger, tel.: 0676 / 772 34 33
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Architekturrebellion Austria, Stephan Erath, tel.: 0681 / 1054 1664,
https://www.instagram.com/architekturrebellion_austria

Beilage:

– abgelehnte “Petition: Erhalt der historischen Eckbauten Elterleinplatz 8 und Währinger Gürtel 41. Abrisse im Zuge des U5-Baus stoppen!” (eingebracht am 21.11.2024) im vollen Worlaut:
Petition_Erhalt-Elterleinplatz-u-Waehringer-Guertel_eingebracht-2024-11-21_abgelehnt-2024-12-06

Zusätzliche Infos / Links (z.T. nicht in OTS angeführt):

OTS vom 6.12.2024: Petitionsausschuss tagte im Wiener Rathaus. Der Gemeinderatsausschuss für Petitionen hat heute, Freitag, im Wiener Rathaus getagt. Auf der Tagesordnung standen 29 Petitionen.”: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20241206_OTS0113

OTS vom 5.12.2024: “Grüne Wien/Prack, Prauhart: Abbruch von Gründerzeithaus am Elterleinplatz wird Thema für Bürgerversammlung in Hernals. Bezirk muss bessere Informationen zur Umgestaltung des Elterleinplatzes im Zuge des U-Bahnbaus bereitstellen”, siehe: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20241205_OTS0077

Wiener Stadtverfassung § 104c (Bürgerversammlung): https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=LrW&Gesetzesnummer=20000308&FassungVom=2024-11-04&Artikel=&Paragraf=104c&Anlage=&Uebergangsrecht=

Präsentation “U2xU5, 2. Baustufe. U5 bis Hernals, U2 bis Wienerberg” von Gregor Stratil-Sauer (Stadt Wien MA 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung), 21. April 2022: https://oevg.at/fileadmin/user_upload/Editor/Dokumente/Veranstaltungen/2022/u2u5/stratil-sauer.pdf (vgl. dazu auch “Mit der U5 vom Karlsplatz bis Hernals”, Stadt Wien – Stadtentwicklung und Stadtplanung, abgerufen am 8.12.2024: https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/projekte/verkehrsplanung/u-bahn/u2u5/linie-u5.html)

MeinBezirk.at: Bezirksparlament: Abriss am Elterleinplatz 8 sorgt für heftigen Polit-Streit (5.12.2024): https://www.meinbezirk.at/hernals/c-politik/abriss-am-elterleinplatz-8-sorgt-fuer-heftigen-polit-streit_a7047392

Charta von Aalborg: “Die Vereinten Nationen haben bei ihrer im Juni 1992 in Rio de Janeiro abgehaltenen Konferenz für Umwelt und Entwicklung (auf welches sich die am 27. Mai 1994 von den Teilnehmern der europäischen Konferenz über zukunftsbeständige Städte und Gemeinden in Aalborg beschlossene Charta von Aalborg ausdrücklich bezieht) ein “Agenda 21” genanntes Schlüsseldokument als Instrument der Bürgerbeteiligung verabschiedet. Darin ist die Teilhabe der Bevölkerung an kommunalen Planungs- und Entscheidungsprozessen festgeschrieben. Die Staatengemeinschaft hat also erkannt, dass die Teilhabe der Bevölkerung an Planungs- und Entscheidungsprozessen in der Kommune als notwendige und sinnvolle Ergänzung der repräsentativen Demokratie und gleichzeitig auch als deren Korrektiv dienen kann, um eine nachhaltige und umweltgerechte Entwicklung zu gewährleisten.” (Quelle: http://www.aktion21.at/kontakt/index.php?menu=17; vgl. dazu auch Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Aalborg-Charta, englische Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Aalborg_Charter.

Weitere wichtige Informationen:

WienSchauen (16.10.2024): Elterleinplatz: Hernalser Prachtbau trotz Schutzzone vor Abriss: https://www.wienschauen.at/elterleinplatz-hernalser-prachtbau-trotz-schutzzone-vor-abriss/

WienSchauen (06.07.2024): Währinger Gürtel: Wiener Linien wollen Gründerzeithaus abreißen: https://www.wienschauen.at/wahringer-gurtel-wiener-linien-wollen-grunderzeithaus-abreissen/

OTS Stichworte: Stadtplanung, Verkehr, Denkmalpflege, Infrastruktur, Ortsbild, Architektur, Bahn, Kultur, NGOs, Politik, Bau, Immobilien, Bildende Kunst, Kunst, Kunst & Kultur, Transport, Branchen, Wirtschaft und Finanzen
OTS Channel: Chronik, Kultur

Initiative Denkmalschutz: Auch die verschärfte Bauordnungsnovelle 2023 kann Altbauabrisse nicht stoppen!

APA-OTS-Presseaussendung, 13. Oktober 2025

Channel: Kultur, Chronik

Initiative Denkmalschutz: Auch die verschärfte Bauordnungsnovelle 2023 kann Altbauabrisse nicht stoppen!

Villa in Währing vor kurzem abgerissen. Das von der Stadt Wien behauptete “faktische Ende der wirtschaftlichen Abbruchreife” ist hiermit erstmals(!) widerlegt!

Wien (OTS) – Noch im April hatte die Vizebürgermeisterin und zuständige Stadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) mit der Bauordnungsnovelle 2023 das “faktische Ende der wirtschaftlichen Abbruchreife” verkündet (vgl. OTS, 16.4.). Wenige Wochen danach zerschlugen sich diese Hoffnungen, denn am 21. Mai hat das Verwaltungsgericht Wien der Beschwerde einer Eigentümerin stattgegeben und der Abbruchbewilligung der gründerzeitlichen Villa in der Pötzleinsdorfer Straße 47 auf Grundlage der verschärften Bauordnungsnovelle 2023(!) erteilt (GZ: VGW-111/077/5036/2024-39). Vor kurzem wurde jetzt der Abriss vollzogen (Vgl. WienSchauen, Facebook 9.10.). Die 1877 erbaute und 1913 aufgestockte Villa im Cottagestil stand seit 1993 in einer Schutzzone!

Baubehörde erteilte keinen Instandsetzungsauftrag

Seit 1993 war das Haus im 18. Bezirk unbewohnt. Wieso die Baubehörde es seit über 30 Jahren verabsäumt hatte, einen Bauauftrag zur Instandsetzung zu erteilen, obwohl die Erhaltungswürdigkeit zweifellos gegeben war, bleibt ein Rätsel. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob die MA 37 hier jahrzehntelang tatenlos zugesehen hätte. Es gibt viele weitere Altbauten in einem schlechten baulichen Zustand in Wien; wird hier die Baubehörde (MA 37) endlich tätig, oder wird die verschärfte Bauordnungsnovelle von 2023 weiterhin wertvolle Verluste von Altbauten zulassen?

Forderung: Zwangsverwaltung für leerstehende Altbauten

Abbrüche historisch erhaltenswerter Gebäude verhindert man durch Konsequenzen, die schärfer sind als der Nutzen durch Abriss. Am effektivesten wäre es im Sinne des Altstadtschutzes, wenn die Stadt Wien auch leerstehende Altbauten per Gericht unter Zwangsverwaltung stellen könnte, und nicht nur bewohnte Häuser (vgl. § 6 Mietrechtsgesetz bzw. unsere OTS, 16.9.2025). Falls dies rechtlich nicht möglich sein sollte, möge die Stadt Wien ihre Gesetze ändern oder eine entsprechende Resolution beschließen, um ein solch’ wirkungsvolles Gesetz von der Bundesregierung einzufordern (vgl. ORF Wien, “Altbau-Abriss laut Stadt Wien legal” vom 16.9.2025). Nur so wäre die Stadt Wien glaubwürdig, dass sie auch wirklich alles daran setzen möchte, weitere Stadtbildverluste zu verhindern.

19. Bezirk: Billrothstraße 43 vor wenigen Wochen abgerissen

Ebenso wurde das repräsentative, im 2. Viertel des 19. Jh. erbaute Vorstadthaus im September abgebrochen [Foto: Google Street View]. Auch hier hat nach Auskunft der Bezirksvorstehung Döbling eine Entscheidung des Verwaltungsgericht Wien die Abbruchbewilligung erwirkt.

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Verlorenes Erbe (Wien): Der eiserne Pavillon im Stadtpark

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ im ORF2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 26.2.2021 der eiserne Pavillon unter dem Titel “Wohin verschwand der Stadtpark-Pavillon?” behandelt. 1862 wurde der prachtvoll gusseiserne Pavillon aus der Fürstlich Salm’schen Eisengießerei  am Ufer des Teiches aufgestellt. Andreas Nierhaus (Kurator Wien Museum) erklärt: “Der eiserne Pavillon im Stadtpark hat ganz dem Geschmack um die Mitte des 19. Jh.  entsprochen, als man sich mit maurischen, orientalischen Formen umgeben hat, sowohl im Wohnraum als auch im öffentlichen Bereich. Orientalische Formen waren eine Mode der damaligen Zeit und gleichzeitig hat das Eisen, das neue industriell verarbeitete Material Eisen sich besonders dazu geeignet, mit orientalischen Formen umgesetzt zu werden, diese durchbrochenen Formen konnte man im Eisen sehr gut umzusetzen.”

Stadtpark Postkarte, Wien 1905

Der Stadtpark mit dem eisernen Pavillon auf einer Postkarte von 1905 (public domain)

Wie aber konnte dieses Bauwerk einfach verschwinden? Erzeugt wurde es in der böhmischen Eisenschmiede Blansko bei Brünn, sie gehörte dem Adelsgeschlecht Salm-Reifferscheidt (im ORF-Beitrag Interview mit Niklas Salm-Reifferscheidt, Nachfahre der Besitzer der Blansko Werke, Schloss Steyregg bei Linz). Die Idee des Pavillons war bei einer bedeutenden Ausstellung Bekanntheit zu erlangen, um natürlich mehr Produkte verkaufen zu können. Und so ist dieser Pavillon als etwas ganz Besonderes gebaut worden. Die “Ostdeutsche Post” vom 14. März 1862: “Das Komitee für den Stadtpark hat den seit Jahren in der Salm’schen Eisengießerei aufgestellten prachtvollen Pavillon, welcher bei der Londoner Weltausstellung für viel Aufsehen erregte und für den damals ein Preis von 18.000 Gulden verlangt wurde, um den gewiss billigen Preis von 3.500 Gulden angekauft, um ihn an einem geeigneten Punkte des Parkes zum Vergnügen des Publikums aufzustellen.” [Nach Recherchen von Andreas Nierhaus wurde der Pavillon nicht auf der Londoner Weltausstellung 1851 ausgestellt, sondern auf der “Ersten Allgemeinen Deutschen Industrieausstellung” in München 1854, vgl. ausführlichen Wien Museum-Beitrag]. Wien Museum Kurator-Nierhaus, erklärt: “Die Zeit, in der der Pavillon errichtet wurde, um 1850, war eine Zeit des Experimentierens mit diesem neuen Material Eisen, und in dem Zusammenhang muss man dieses Gebäude auch verstehen.” Deswegen wurde er wohl auch so aufwändig und verspielt gestaltet. Das Verschwinden des Pavillons bleibt rätselhaft, wann der Pavillon weggekommen ist, ist nicht bekannt. Vermutlich hat man ihn aber nach dem Krieg einfach verschrottet bzw. eingeschmolzen, was in dieser Zeit nichts ungewöhnliches war. ORF-FERNSEHBEITRAG ZUM NACHSEHEN (6 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14083356/Wohin-verschwand-der-Stadtpark-Pavillon/14867849 (26.2.2021, ORF ‘Studio 2’, “Wohin verschwand der Stadtpark-Pavillon?”)

Literatur / Lesetipp:

Andreas Nierhaus, “Der eiserne Pavillon im Wiener Stadtpark. ‘Zum Vergnügen des Publikums'”, 7.2.2021 (Wien Museum). Im Frühjahr 1862 begannen die Bauarbeiten zum Stadtpark. Für die Ausschmückung des Grünraums kaufte man u.a. einen Pavillon, der von der Fürstlich Salm’sche Eisengießerei im mährischen Blansko gefertigt worden war. Er wurde zum beliebten Treffpunkt und zum Postkartenmotiv – bis zu seiner Demontage nach dem Zweiten Weltkrieg: https://magazin.wienmuseum.at/der-eiserne-pavillon-im-wiener-stadtpark

 

Theresienhof in Kritzendorf

Initiative Denkmalschutz: Klosterneuburgs Schutzzone für die Katz? Abriss des historischen Theresienhofs hat begonnen!

APA-OTS-Presseaussendung, 23. Oktober 2025

Channel: Kultur, Chronik

Klosterneuburgs Schutzzone für die Katz? Abriss des historischen Theresienhofs hat begonnen!

Initiative Denkmalschutz: Stadtgemeinde Klosterneuburg torpediert eigene Schutzzone. Belohnung durch Verfallenlassen? Wer schützt in Zukunft Klosterneuburgs Kulturerbe?

Wien (OTS) – Diesen Montag (20.10.) wurde mit dem Abriss des ehem. Theresienhofs im Ortszentrum und Altortgebiet von Kritzendorf begonnen (Hauptstraße 48-50). Viele Jahre lang stand der Theresienhof in einer Schutzzone, 2015 wurde das Gebäude an eine Wohnbaugesellschaft verkauft, der Verfall schritt langsam voran. Dann langte eine so genannte Anfrage zur Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans bei der Stadt ein, um ein Neubauprojekt auf dem Grundstück verwirklichen zu können.

Sah die Stadt Klosterneuburg dem Verfall tatenlos zu?

Anstatt dem Eigentümer gemäß § 34 NÖ Bauordnung die Behebung der Baugebrechen zu verfügen, kam die Stadtgemeinde Klosterneuburg dem Wunsch nach Umwidmung willig nach und beschloss in der Gemeinderatssitzung vom 27. Juni (ÖVP, GRÜNE, NEOS) die Aufhebung der Schutzzone sowie eine gewinnbringende, höhere Baudichte. Nun stellt sich die Frage, was hat die Stadtgemeinde Klosterneuburg in den letzten Jahren für die Erhaltung dieses erstmals 1686 erwähnten Hofes unternommen? Denn bei Baugebrechen hat die Baubehörde deren Behebung zu verfügen! Ist nun vorgesehen, Eigentümer von Altbauten in Zukunft auf ähnliche Weise für das Verfallenlassen zu “belohnen”?

In Klosterneuburg Abbruch eine Zielsetzung der Schutzzone?

Der im Rahmen der Umwidmung von der Stadtgemeinde beauftragte Stadtbildkonsulent hat in seiner Stellungnahme eine besonders absurde Begründung für die Aufhebung der Schutzzone angeführt, dass nämlich die „Erhaltung und Verbesserung von ortsbildprägenden Strukturen […] die wesentlichen Zielsetzungen der verordneten Schutzzonen“ sind. „Diese für die Dorfstruktur und städtebauliche Qualität wichtige Entwicklung ist allerdings nur realisierbar, wenn ein Abbruch des Bestandsgebäudes ONr. 50 möglich wird“.

Stadtgemeinde Klosterneuburg: Lehren für die Zukunft?

Unser Verein rät den politisch Verantwortlichen dringend an, sich zu überlegen, wie man hinkünftig Altbauten in Schutzzonen besser schützen kann, damit sich solche Vorgänge nicht wiederholen. Andernfalls können die Klosterneuburger Schutzzonen im wahrsten Sinne des Wortes zu Grabe getragen werden.

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Bad Ischl (OÖ): Grand Hotel Bauer 1975 abgerissen (‘Verlorenes Erbe’)

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 16.6.2021 der Grand Hotel Bauer in Bad Ischl behandelt. Das ehemalige Luxushotel für die gehobene Gesellschaft in der ehemaligen Kaiserstadt wurde in den 1970er-Jahren abgerissen. Auf einer Anhöhe gelegen, hatte man einen schönen Blick auf die Kurstadt, heute befindet sich an seiner Stelle eine Wiese. 1860 erwarb Andreas Bauer das Areal des ehemals an diesem Ort sich befindlichen Bauernhauses “Am Haischberg” und erbaute ab 1861 das neue Luxushotel. Ursprünglich war es als “Sommerhotel” nur während der Sommermonate in Betrieb. Nach dem 1. Weltkrieg musste sich Bad Ischl neu orientieren, weil das Kaiserhaus abhanden kam. In schwierigen Zeiten gelang aber noch einmal eine kleine Blütezeit (u. a. mit Tennis und Golf). Nach mehrmaliger Versteigerung erwarb eine Aktiengesellschaft in Zürich 1934 die Liegenschaft. 1936-37 wurde es vom österreichischen Architekten Anton Potyka umgebaut. Im 2. Weltkrieg wurde der Betrieb 1940 eingestellt. Erst mit der Nutzung als Lazarett 1943 wurde eine Zentralheizung eingebaut, um das Haus erstmals ganzjährig nutzen zu können. Im gleichen Jahr wurden vier Baracken errichtet, die den Kranken und der Rehabilitation dienten. 1949 als “Privatsanatorium Salzkammergut” geführt, ging das ehem. Grand Hotel drei Jahre später in Konkurs. Danach betrieb die Wiener Neulandschule dort eine Volksschule und die Unterstufe des Gymnasiums, doch auch dieser Betrieb wurde 1966 eingestellt. Im ORF-Fernsehbeitrag spricht darüber Maria Sams vom Stadtmuseum Bad Ischl. Danach war das Gebäude etwas desolat, stand leer und wurde schließlich zur Ruine, bis es 1974/75 abgerissen wurde. Drei der 1943 erbauten Baracken stehen heute noch und dienen als Schule, der Lebenshilfe, sowie Vereinen. 2002 gab es Überlegungen wieder an der gleichen Stelle ein Hotel zu errichten, zu dem kam es aber nicht. Heute gibt es erneut Pläne ein neues Grand Hotel anlässlich der Ernennung Bad Ischl 2024 zur Europäischen Kulturhauptstadt zu errichten, jedoch an einem anderen Ort. Das neue “Grand Elisabeth” (Video) soll den Tourismus im Salzkammergut wieder ankurbeln (Unterlagen Pressekonferenz).

ORF-FERNSEHBEITRAG (4 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14095799/Grand-Hotels-in-Bad-Ischl/14939011 (16.6.2021, ORF-Studio 2, “Grand Hotels in Bad Ischl”)

Linktipps / Quellen:

Die Geschichte des Areal “Bauerpark” bzw. “Hotel Bauer”: http://www.bauerpark.at/Mehr%2008.htm

RADIOBEITRAG (10 min): ZeitsprüngeHotel Bauer und Bauerpark mit Helga Peer:  https://cba.fro.at/406097 (Cultural Broadcasting Archive)

Verlorenes Erbe (Wien): Hohe Warte-Villa Kellner, 1978 abgerissen

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 23. Februar 2022 die Villa Kellner auf der Hohen Warte in Wien-Döbling vorgestellt. ORF-FERNSEHBEITRAG (6 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14125425/Die-Karajan-Villa/15110968

Auf der Adresse Hohe Warte 29 wohnten viele berühmte Persönlichkeiten. Hier verbrachte z. B. die Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Rosa Mayreder ihre Kindheit. Nach dem Verkauf 1895 an Marie von Kellner, der Gattin des Chemikers Karl Kellner, wurde die Villa, die auch eine Sternwarte mit Kuppel auf dem Dach bekam, 1896 vom bekannten Architekten und Otto Wagner-Schüler Max Fabiani, dem Entwerfer der später errichteten Urania (ebenso mit Sternwarte), um- und ausgebaut. Eleonore Lichtenecker, Urenkelin der ersten Besitzerin, möchte im Sommer 2022 ein Buch über diese Villa veröffentlichen. Sie erzählt im ORF-Interview, dass viele Architektur- und Dekorationsdetails aus dem Freimaurerischen, Indischen und Assyrischen stammten. Ab 1915 waren Hans und Gisela Weigel, den Eltern der bekannten Kinderbuch-Illustratorin Susi Weigel (bekannt vor allem für die Bebilderung des Kinderbuchs von Mira Lobe, Das kleine Ich-bin-ich), Eigentümer der Villa. 1923 ging die Villa in den Besitz des Industriellen Georg Mauthner über. Dann kam das Haus an den Salzburger Maler Georg Jung. Er vermietete Teile des Hauses an viele prominente Persönlichkeiten aus Theater, Oper und Literatur, wie z. B. den Sohn Richard Wagners, dem Schauspieler Heinz Rühmann, viele Opernsängerinnen und -sänger, den Sohn von Leo Slezak. Stadtforscherin Christine Dietrich berichtet vom Einzug Herbert von Karajans mit seiner Frau Eliette 1957, auch der Zukunftsforscher Robert Jungk wohnte Ende der 1950er-Jahre dort. Der nächste Mieter war der Schauspieler und Entertainer Peter Alexander, auch die Schauspielerin Ida Krottendorf wohnte hier. Am Schluss, in den späten 1970er-Jahren – vor dem Abriss der Villa – wohnte noch der Spionage-Krimi-Autor John le Carré dort. Danach fand sich für die große Villa mit seinen drei Geschoßen keine Mieter mehr. Die Eigentümer mussten dann schweren Herzens die Villa verkaufen, wollten noch einen Käufer finden, der das Gebäude erhält. Dann kam die Cottage Baugesellschaft, die zunächst behauptete die Villa erhalten zu wollen, doch 1978 kam es zum Komplettabriss. Anstelle der Villa kam ein grauer Neubaublock mit vielen Wohnungen. Und auch die alte Postadresse Hohe Warte 29 existiert nicht mehr, der Wohnsiedlung bekam die neue Adresse Reimersgasse 16.

ORF-FERNSEHBERICHT ZUM NACHSEHEN (6 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14125425/Die-Karajan-Villa/15110968 (ORF Studio 2, 23.2.2022, ‘Die Karajan Villa’)

Literatur / Linktipps:

– Fotobeschreibung “Villa Hohe Warte Nr. 29 (Foto-Atelier J. Weiner, Wien, um 1905)”: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Villa_Hohe_Warte_Nr._29_(Atelier_J._Weiner,_Wien,_um_1905).jpg

– Off topic: Wien, Hohe Warte 29. Johann und Gisela Weigels Wiener Villa, Hohe Warte 29: https://starsingars.wordpress.com/2021/09/01/off-topic-wien-hohe-warte-29

Verlorenes Erbe (Wien): Hotel Metropol, 1945 zerstört

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 25. Februar 2022 die das Hotel Metropol in der Wiener Innenstadt beim Schwedenplatz vorgestellt. ORF-FERNSEHBEITRAG (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14125712/Das-Wiener-Hotel-Metropol-im-Portraet/15113201

Das Hotel Métropole, auch Hotel Metropol, war ein Luxushotel und das damals größte Hotel in Wien. Es lag ursprünglich an einem kleinen Park am Franz-Josefs-Kai 31-33 am Donaukanal. Es wurde 1871 bis 1873 von den Architekten Ludwig Tischler (Planung) und Carl Schumann (Ausführung) errichtet. 1938 zum Gestapo-Hauptquartier auserkoren, wurde das Gebäude am Ende des 2. Weltkriegs (1945) stark beschädigt, und die Hausruine wurde schließlich nach 1948 abgerissen. Heute steht an Stelle des Hotels der Leopold-Figl-Hof, eine acht- bis zwölfgeschoßige Wohnhausanlage, die 1963 bis 1967 nach Plänen des Architekten Josef Vytiska erbaut wurde.

In Vorbereitung der Wiener Weltausstellung 1873 hat man in Wien beschlossen, fünf neue Hotels zu erbauen, dazu zählte u. a. das Hotel Austria (Schottenring 11; 1945 zerstört), sowie das Hotel Britannia am Schillerplatz 4 (heute nicht mehr als Hotel genutzt), erzählt Elisabeth Boeckl-Klamper, Metropolexpertein und Buchautorin (“Gestapo-Leitstelle Wien 1938-1945“) im ORF-Interview. Der Kai war damals Teil der Ringstraße und als Prachtbouvelvard gestaltet. Das Hotel wurde einen Monat vor Eröffnung der Wiener Weltausstellung in Betrieb genommen, es war ein First-Class Hotel mit prachtvoller Innenausstattung (u. a. mehrere Säle).

Hotel Metropol, Festsaal, Wien

Festsaal im Hotel Metropol, ca. 1911, Foto: Kunstdruckerei Moriz Frisch, Public domain, CC0 1.0, Wikipedia

Die Urenkelin der letzten Geschäftsführerin, Marianne Schulze erzählt: Wegen der Nähe zum 2. Bezirk, dem Zentrum des jüdischen Lebens in Wien, gab es damals viele jüdische Festlichkeiten im Hotel. Das Hotel hatte auch eine Straßenfront mit einer Art Shopping-Mal entlang des Franz-Josefs-Kai mit 60 Geschäften. Elisabeth Boeckl-Klamper erzählt: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war eines dieser Lokale eine Niederlassung von der Textilfabrik von Moritz Zweig, dem Vater vom berühmten Schriftsteller Stefan Zweig. Das letzte Werk von Stefan Zweig war bekanntlich die Schachnovelle, die er schon im Exil in Brasilien geschrieben hat, und da spielt das Hotel Metropol in der Nazi-Zeit in dieser Novelle eine besondere Rolle. 1938 war das Hotel Metropol eine der allerersten Immobilien, die von den Nazis beschlagnahmt wurden. Es wurde das Gestapo-Hauptquartier. Marianne Schulze, Urenkelin der letzten Geschäftsführerin erzählt über die Familiengeschichte, wie ihre 19jährige Großmutter noch schnell die Korrespondenzen verbrennen musste und erfolglos versucht hat den Familienschmuck zu retten (vgl. “Drei Möbel aus dem Metropole“). Die Familie flüchtete nach Australien. Heute ist das Hotel Metropol bedauerlicher Weise aus dem Gedächtnis der Wiener Bevölkerung so gut wie getilgt. In dem 1948 gedrehten berühmten britischen Spielfilm “Der dritte Mann, der im zerstörten Wien spielt, ist in einer Einstellung die gespenstische Hausruine des ehemaligen Gestapo-Hauptquartiers zu sehen.

ORF-FERNSEHBEITRAG (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14125712/Das-Wiener-Hotel-Metropol-im-Portraet/15113201 (ORF Studio 2, ‘Das Wiener Hotel Metropol im Porträt’, 25.2.2022)

Keine Schutzzone in Wien-Floridsdorf? Geplante Umwidmung ignoriert klar erhaltenswerte Altbauten in der Brünner Straße 59-65

APA-OTS-Presseaussendung der Initiative Denkmalschutz

Heute soll Vorentscheidung im Planungsausschuss fallen. Initiative Denkmalschutz kritisiert die oft nicht nachvollziehbaren Kriterien für Schutzzonenwidmungen.

Immer wieder kommt es bei Umwidmungen vor, dass klar erhaltenswerte Altbauten nicht als Schutzzone gewidmet werden. Auch wird im Rahmen von Umwidmungsverfahren so gut wie nie der Motivenbericht der Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung), die für die fachliche Beurteilung der Schutzzonen zuständig ist, transparent gemacht. Die Initiative Denkmalschutz fordert endlich Transparenz und Offenlegung der Kriterien ein.

Planentwurf 8347: Planungsausschuss ist heute gefordert zu handeln

So passiert es im aktuellen Umwidmungsverfahren in der Brünner Straße (Kat. G. Großjedlersdorf): Die zwei Gründerzeithäuser Brünner Straße 59-61 sowie die 1930-31 erbaute Wohnhausanlage Brünner Straße 63-65 sollen keine Schutzzonenwidmung erhalten. Heute tagt dazu der zuständige Gemeinderatsausschuss für Stadtplanung (vulgo “Planungsausschuss”). Unser Verein Initiative Denkmalschutz fordert diesen auf, die drei Gebäude noch als Schutzzonenwidmung aufzunehmen und einen entsprechenden Beschluss für den Gemeinderat vorzubereiten.

Oft übersehen: Auch den örtlichen Bezirksvertretungen kommt eine hohe Verantwortung für das historische Kulturerbe zu!

Die örtlichen Bezirksvertretungen beschließen zwar nicht die Umwidmungen, doch sie geben eine Stellungnahme zu den Planentwürfen ab, die wesentlichen Einfluss auf den rechtsgültigen Beschluss im Gemeinderat hat. In diesem Fall hat unser Verein Initiative Denkmalschutz zeitgerecht den Floridsdorfer Bauausschuss auf das oben erwähnte Problem hingewiesen, doch in der Stellungnahme der Bezirksvertretung wurde diese Anregung unverständlicher Weise nicht aufgenommen. So bleibt nun als letzte Hoffnung der Planungsausschuss.

Rückfragehinweis:

Markus Landerer (0699/1024 4216) und Dr. Gerhard Hertenberger (0676/7723433)
Initiative Denkmalschutz, Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
www.initiative-denkmalschutz.at
1090 Wien

Originale APA-OTS-Presseaussendung: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220527_OTS0010

Verlorenes Erbe (Wien): Die Kuffner-Villen in Dornbach und Oberdöbling

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 13. Juni 2022 die beiden verlorenen Kuffner-Villen in Wien (17. und 19. Bezirk) vorgestellt. ORF-FERNSEHBEITRAG (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14138879/Verlorenes-Erbe-Kuffner-Villen/15181826 (ORF Studio 2, ‘Verlorenes Erbe: Kuffner Villen’)

Im ORF-Interview erzählt James von Klemperer, ein US-amerikanischer Architekt aus New York (Architekturbüro Kohn Pedersen Fox), der gerade in Wien den neuen UniCampus am Steinhof plant (vgl. iD-Bericht: “Steinhof: Central European University (CEU) plant Pavillons um”), von seiner Familiengeschichte, den Kuffners. Die Familie Kuffner lässt sich bis ins 17. Jh. in die südmährische Stadt Lundenburg ( Břeclav) zurückverfolgen. Ignaz und Jakob Kuffner kauften 1850 eine Brauerei in Ottakring, die durch Ausbau und Modernisierung der Kuffner-Brauerei ein sehr bekanntes Bierimperium erschufen (heute Ottakringer Brauerei). Das Ottakringer Bier würde heute noch Kuffner heißen. Seine Familie hat ihr gesamtes Vermögen nach dem Anschluss an Nazi-Deutschland verloren und das Land verlassen müssen. Ein Teil der Familie wurde in Auschwitz ermordet, der Vater von Klemperer schaffte es nach New York. Nach dem Krieg wurde die Familie teilweise entschädigt. Das Bier machte die Kuffner damals reich, sodass sie sich u.a. zwei Villen bauen konnten. Die eine Villa stand in Dornbach (Promenadegasse 19, 17. Bezirk Hernals), heute steht an ihrer Stelle ein Gemeindebau. Von der zweiten Kuffner-Villa in Wien-Oberdöbling steht heute nur noch die Einfriedung (Vegagasse 20). Heute erinnert die Kuffner-Sternwarte an die große Geschichte der Familie, den Kuffner-Nachfahren ist die Sternwarte ein besonderes Anliegen und finanzieren weiter die Erhaltung mit.

Die Kuffner-Villa in Oberdöbling (Döblinger Cottage)

Wilhelm und Camilla Kuffner ließen sich von 1905-1908 vom bekannten ArchitektenKarl König eine prachtvolle Neorenaissance-Villa nach französischen Vorbildern erbauen (Vegagasse 20, Gymnasiumstraße 85, Lannerstraße 2-8). Leider sind von der Kuffner-Villa keine Fotos von den Innenräumen bekannt. In der Zeitschrift “Der Bautechniker” wird das reiche Interieur ausführlich beschrieben (siehe: “‘Der Bautechniker’ Nr. 9, 3. März 1911, Seite 187-189“). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Villa von den Amerikanern zunächst als Schule für die Kinder der Besatzungssoldaten genutzt, danach hat der Direktor des Realgymnasium XIX die Villa 1955 für die unter Raumnot leidende Schule anmieten können. 1959 erwarb die Gemeinde Wien die Liegenschaft von den überlebenden Erben. Am 26. Dezember 1960 erreichte die Gemeinde Wien als Grundstückseigentümerin bei der Baubehörde eine Abbruchbewilligung, Mitte Februar 1961 war die Kuffner-Villa geschleift. An ihrer Stelle wurde das “Haus Döbling”, ein Studentenheim der Stadt Wien mit mehreren Gebäuden in zwei Etappen vom Architekten Fred Freyler errichtet (1962-63 und 1968-69). 2013 wurden drei Häuser davon abgerissen, um Platz für Genossenschaftswohnungen zu machen. Das nunmehr deutlich verkleinerte Haus Döbling wurde renoviert und in Base19 (www.base19.at) umbenannt.

Kuffner-Villa in Wien-Oberdöbling

Die Kuffner-Villa in der Vegagasse 20, 1190 Wien, Foto: 1911, (c) Der Bautechniker, Nr. 9

Villa Kuffner in Wien-Oberdöbling, Generalstadtplan 1912

Villa Kuffner mit Garten im ‘Generalstadtplan 1912’ (überlagert mit rezentem Stadtplan), Vegagasse 20, Lannerstraße 2-8, Gymnasiumstraße 85, 1190 Wien (Wien Kulturgut; https://www.wien.gv.at/kulturportal/public)

Quellen (u.a.):

Dieter Klein, “Entschwundene Mosaikstücke des Cottage-Viertels”, in: “Das Wiener Cottage. Der Traum vom gesunden Wohnen” (Hrsg. Heidi Brunnbauer / Erich Stöger, 150 Jahre Wiener Cottage Verein 1872-2022), Seite 327-344 (Seite 333 f.: XIX., Gymnasiumstraße 85 / Lannerstraße 2-8 / Peter-Jordan-Straße 1 / Vegagasse 20: Villa Kuffner)

– ‘Die Villa Kuffner in Wien-Döbling’, in: ‘Der Bautechniker’ Nr. 9, 3. März 2011, Seite 187 ff.: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=bau&datum=1911&page=207&size=46

– Christian Michael Springer, ‘Die Villa Kuffner. Vegagasse 20″, in: ‘Döblinger Extrablatt’, Nr. 19 / 2018, Seite 4 f.: https://www.xn--dbling-wxa.com/extrablatt/doc/Extrablatt-19va.pdf

– [Die Kuffner] Brauerei Oberdöbling [und die Villa Kuffner in der Vegagasse 20] (Seen süchtig (Stefan Mayerhofer, Wien)): https://seen-suechtig.jimdofree.com/wiener-brauereien/oberd%C3%B6bling

Die Kuffner-Villa in Hernals (Dornbach)

Abgerissen wurde auch die Kuffner-Villa in Dornbach (Promenadegasse 19, 17. Bezirk Hernals). Moriz von Kuffner hat die Villa – wie auch die heute noch bestehende Kuffner-Sternwartenach Plänen des Architekten Franz von Neumann jun. im Heimatstil errichten lassen. Ein Bericht von Neumann erschien 1895 in der “Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines” ab S. 453. Auf dem Areal steht heute ein Gemeindebau, der 1953-54 errichtet wurde (Promenadegasse 19; Heuberggasse 42-50).

Kuffner-Villa in Wien-Dornbach

Die Villa Kuffner in der Promenadegasse 23, historisches Foto, Gartenansicht, Zeitschrift des Österr. Ingenieur- und Architektenvereines, 1895

Die Kuffner-Villa in Wien-Dornbach

Gartenplan und Grundriss Tiefparterre, Zeitschrift des Österr. Ingenieur- und Architektenvereins, 1895

Historische Fotos der Villa Kuffner in Dornbach:

– Foto 1899, Straßenfront (Seitenansicht), Fotograf: August Stauda (Sammlung Wien Museum): https://josefauer.com/wien-1899-villa-kuffner

– Foto 1905, Gartenseite (koloriert; ÖNB): https://josefauer.com/wien-1905-villa-kuffner

Villa Kuffner in Wien-Dornbach, Generalstadtplan 1912

Villa Kuffner mit Garten im ‘Generalstadtplan 1912’ (überlagert mit rezentem Stadtplan), Promenadegasse 19, Heuberggasse 42-50, 1170 Wien (Wien Kulturgut; https://www.wien.gv.at/kulturportal/public)

Weitere Quellen:

– Die vertriebene Familie Kuffner. Material und Korrekturen zum Buch “Familie Kuffner” von Klaudia Einhorn. Herausgegeben vom Verein Kuffner-Sternwarte, 2017: http://kuffner-sternwarte.at/sternwarte/familie-kuffner.php

– Katja Fischer, “Jüdische Kunstsammlungen in Wien vor 1938 am Beispiel der Familie Kuffner” (Diplomarbeit), Wien 2008: https://phaidra.univie.ac.at/download/o:1250360