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Verlorenes Erbe (NÖ): Krupp-Villa in Berndorf, 1945 ausgebrannt, 1957 abgerissen

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 23. September 2021 die Krupp-Villa am Brand in Berndorf behandelt. ORF-FERNSEHBEITRAG: https://tvthek.orf.at/profile/Archiv/7648449/Berndorf-und-die-Rache-am-Uebervater/14111578/Berndorf-und-die-Rache-am-Uebervater/15026853.  Die ab 1892 vom Architekten Ludwig Baumann geplante und bis 1895 errichtete neobarocke, palaisartige Villa (historisches Foto) lag auf einer 40 Meter über der Stadt Berndorf gelegenen Geländeterrasse (zuvor wurde das “Schweizer-Häuschen”, 1869 erbaut von Hermann Krupp, Arthur Krupp’s Vater, abgetragen). Die Villa, als Wohnsitz, Gästehaus und Repräsentationsbau der Krupp-Fabrik erbaut, wurde 1945 von Vandalen geplündert, in Brand gesetzt und schließlich 1957 abgerissen. Die Villa im Berndorfer Stadtteil Brand lag in direkter Sichtachse zur Berndorfer Pfarrkirche hl. Margareta, die ebenfalls auf einem Hügel lag, der Kruppschen-Fabrik und der Stadt Berndorf. Der österreichische Künstler Richard Kauffungen schuf die Bildhauerarbeiten. Die Wohnräume der Villa orientierten sich nach außen zu Stadt und Landschaft, im Inneren lag ein zweigeschoßiger Zentralraum. Die 13 mal 13 Meter große Empfangshalle war von einem gläsernen Dach gedeckt. Dicht geschmückt mit Luxusgütern wie Kunstwerken, edler Möblierung und exotischen Pflanzen, war der Raum repräsentatives Kernstück des Hauses. Ein gedeckter, innen liegender Garten, wie Architekt und Krupp-Villa Spezialist Leonhard Panzenböck es ausdrückt. Bis heute erhalten geblieben sind die Fundamente dieser ehemals imposanten Gründerzeitvilla sowie die beeindruckenden, halbkreisförmigen Felskolonnaden [-arkaden] der Krupp-Villa (steinerne Loggien bzw. in den Felsen gehauene, grottenartige Nischen, die den abgetragenen Hang stützen) mit riesigen Steinfratzen, die die Villa eingerahmt haben. Beeindruckend auch die aus Metall geformten Blumen an den Einfahrtspfeilern – Meisterwerke aus der Zeit der Secession. Ebenso erhalten haben sich ein 53,5 Meter langer Zufahrtstunnel, ein Steinbogen und drei, heute denkmalgeschützte Portierhäuser. 1964 sollten an Stelle der Krupp-Villa in aufgelockerter Bauweise Ein- und Mehrfamilienwohnhäuser entstehen, doch diese Pläne kamen zum Glück nicht zu einer Ausführung. 2015 wurde das Areal an einen Gastwirt und Unternehmer verkauft. Man darf gespannt sein, welche Pläne nun für eine weitere Nutzung gewälzt werden.

ORF-FERNSEHBEITRAG ANSEHEN (6 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Archiv/7648449/Berndorf-und-die-Rache-am-Uebervater/14111578/Berndorf-und-die-Rache-am-Uebervater/15026853 (23.9.2021, ORF-Studio 2: “Berndorf und die Rache am Übervater”; ursprünglich hieß der Fernsehbeitrag am Tag seiner Veröffentlichung: “Dunkles Geheimnis von Berndorf”)

Die österreichische Linie der Familie Krupp hatte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts aus einem 300 Einwohner Dorf bis kurz vor dem 1. Weltkrieg eine 12.000 Einwohner zählende Stadt gemacht. Basis dafür war die von der deutschen Unternehmerfamilie Krupp aus Essen 1843 gegründete Berndorfer Metallwarenfabrik (bekannt vor allem das Berndorfer Besteck). Das größte Wachstum erlebte die Fabrik unter der Leitung von Arthur Krupp (*1856, +1938). “Wer hat die Villa angezündet?” wird im ORF-Fernsehbeitrag gefragt, und auch über mögliche Feinde der Familie Krupp spekuliert. Der Bürgermeister Franz Rumpler erklärt: “Es werden Namen genannt, aber es ist nichts bewiesen und niemand verurteilt worden.” Die Polizei hatte damals nicht nachgeforscht, aber es gibt bis heute viele Gerüchte, unter anderem wird den Kommunisten die Tat nachgesagt. Der frühere Museumsleiter Reinhard Muschik (ehem. Kustos, Museum Berndorf) erklärt, manche bezeichneten Krupp als Todfeind der Arbeiter, obwohl er so viel Positives für die Gemeinde gemacht hat (in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung erbaute er drei Schulen (mit den berühmten Berndorfer Stilklassen), zwei Kirchen, eine Konsumanstalt, ein Casino, ein Freibad, ein Theater sowie unzählige Wohnbauten). Krupps berühmtes Theater wäre auch beinahe abgerissen worden, doch wurde es nach starken Vereinfachungen wieder in seine alte Pracht restauriert.

Nebenbei: Zur selben Zeit (26./27.4.1945) brannte auch das benachbarte Schloss Fahrafeld der Grafen Wimpffen (ebenso deutschen Geschlechts) in der Gemeinde Pottenstein ab, auch dieses wurde zuvor geplündert (nur sehr mehr wenige Spuren blieben bis heute erhalten).

Die drei erhaltenen Portierhäuser der Krupp-Villa in Berndorf stehen in der Anton Wildgans-Straße 6, Vöslauer Straße 34 sowie in der Leobersdorfer Straße 17 (vgl. Denkmalliste Berndorf Wikipedia).

Linktipps / Quellen:

Geocaching-Spaziergang zur abgerissenen Krupp-Villa: https://www.geocaching.com/geocache/GC1H7B2_am-brand?guid=459d0160-e3e4-4887-8b0f-9cce6edb9465

Das Grundstück der Krupp-Villa heute in Luftaufnahmen, der “Garten am Brand”: https://leonhardpanzenboeck.com/garten-am-brand

“Kolonnaden [richtig: Arkaden] der ehem. Krupp-Villa” in Berndorf auf Unterirdisch.de (Das Forum für vergessene Orte, Geschichte und Technik; mit vielen Fotos):  https://unterirdisch.de/index.php?threads/kolonnaden-der-ehem-krupp-villa-in-berndorf.14409

Diplomarbeit Leonhard Panzenböck, 2018: Villa am Brand – Interpretation und Rekonstruktion, siehe: https://repositum.tuwien.at/handle/20.500.12708/3440. (Die 226-seitige Diplomarbeit als .PDF).

Der stillgelegte Garten – Stipendiat Leonhard Panzenböck berichtet über sein Diplomthema (Juni 2016): https://www.detail.de/artikel/der-stillgelegte-garten-stipendiat-leonhard-panzenboeck-berichtet-ueber-sein-diplomthema-27920

X-Akte Triestingtal: Tunnel in eine andere Welt und das unrühmliche Schicksal der Krupp-Villa. Der Industrielle Arthur Krupp ließ 1893 hoch über Berndorf eine Villa errichten, die 1945 abbrannte. Ein Tunnel führt auf das mystische Gelände ‘am Brand’ (26.5.2021): https://www.meinbezirk.at/triestingtal/c-lokales/tunnel-in-eine-andere-welt-und-das-unruehmliche-schicksal-der-krupp-villa_a4643333

Das denkmalgeschützte Portierhaus der Krupp-Villa in der Leobersdorfer Straße 17 “verfällt aber leider zusehends”, heißt es in der Beschreibung des 11 Minuten Video: “UrbEx: ehem. Portier-Haus der Krupp Villa in Berndorf” (21.4.2020) auf dem Youtube-Kanal Graustufe.

Medienbericht:

8. April 2015, Niederösterreichische Nachrichten (NÖN)
Berndorf: Stadtjuwel „Der Brand“ verkauft. Erneuter Besitzerwechsel des ehemaligen Krupp-Areals sorgt für Stirnrunzeln bei der Bevölkerung. Wird es nun zugänglich? https://www.noen.at/baden/berndorf-stadtjuwel-der-brand-verkauft-top-4124838

Literatur:

Rudolf Kolowrath, Ludwig Baumann, Architektur zwischen Barock und Jugendstil, Wien 1985

Parkhotel Pörtschach (Ktn.): Pionierbau des Wörthersee-Tourismus um 1960 abgerissen

Aus der ORF Sendereihe “Verlorenes Erbe” in der Sendung “Studio 2”: Das Parkhotel Pörtschach wurde als Villa IX des Etablissement Wahliss um 1890 vom Architekten Wilhelm Heß (1846-1916) erbaut. Er war ein bedeutender Vertreter der Wörthersee-Architektur. Bauherr der Villa IX war der Wiener Geschäftsmann und Porzellanfabrikant Carl Ernst Wahliss (1837-1900). Er hatte 1882 große Teile der Pörtschacher Landzunge erworben und darauf das weiträumige “Etablissement Wahlisserrichtet, eine weiträumige Freizeiteinrichtung mit Hotels, Villen und Parkanlagen für die gehobene Gesellschaft. Wahliss gehörte damit zu den Pionieren des Tourismus am Wörthersee und das Etablissement Wahliß war zur damaligen Zeit die “größte Hotelstadt der Monarchie” (Zitat: Archivar Pörtschach, Peter Napetschnig). Das Haupthaus des Etablissement Wahliss war die Villa IX, es war zugleich das eleganteste und komfortabelste Hotel am Wörthersee aus der Zeit des Fin de Siècle. Ein dreigeschoßiger, von Mittelturm und seitlichen Eckrisaliten betonter Monumentalbau mit umlaufenden Holzveranden im Stil des Historismus, der auch Elemente der Heimatschutzarchitektur umfasste sowie Neorenaissance-Anklänge aufwies. 1928 erwarb die Gemeinde Pörtschach die Villa IX und lies bereits bauliche Änderungen vornehmen, die das äußere Erscheinungsbild vereinfachte und nachteilig veränderte. Nach dem 2. Weltkrieg hat sich der Zustand des Gebäudes weiter verschlechtert. Die Villa IX wurde letztendlich um 1960 von Wiener Investoren abgerissen, um in Folge das heutige Parkhotel Pörtschach zu errichten, das 1963 eröffnet wurde. ORF-FERNSEHBEITRAG ZUM NACHSEHEN (5 MIN, 25.8.2020): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14062525/Parkhotel-Poertschach-Verlorenes-Erbe/14750763

Literatur:

54seitige Broschüre: 50 Jahre Parkhotel Pörtschach (inklusive altes Parkhotel), Pörtschach 2013, siehe: https://www.gat.st/sites/default/files/downloadbroschuereparkhotelpoertschachamwoerthersee.pdf

Apropos Architekt Wilhelm Heß:

Hotel Wörthersee, Klagenfurt, Kärnten

Das Hotel Wörthersee in der Stadt Klagenfurt (Villacher Straße 338, direkt am Wörthersee gelegen); Foto: Juli 2019, (c) Markus Landerer, Initiative Denkmalschutz

Sehr gefährdet ist aktuell ein weiteres Hotel vom gleichen Architekten, das so genannte Hotel Wörthersee in Klagenfurt am Ufer des Wörthersees, siehe iD-Bericht: “Hotel Wörthersee ‘Architektur-Juwel’ in Gefahr” (21.7.2020): https://www.initiative-denkmalschutz.at/berichte/klagenfurt-ktn-hotel-woerthersee-architektur-juwel-in-gefahr/

Verlorenes Erbe (Stmk): Franziskanerkloster Mürzzuschlag 1972 abgerissen

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 17. November 2021 das Franziskanerkloster in Mürzzuschlag (Steiermark) behandelt. Das Barockkloster wurde 1799 aufgelassen und vor bald 50 Jahren dem Erdboden gleichgemacht. Im ORF-Beitrag kommt Pater Oliver vom Wiener Franziskanerkloster zu Wort. Er zeigt den Akt, der im klostereigenen Archiv aufbewahrt wird; darin befinden sich u. a. Vorstudien und Baupläne des Mürzzuschlager Franziskanerklosters aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. 1900 bis zum Abbruch 1972 waren Wohnungen und Geschäfte im alten Kloster untergebracht, davor war es auch als Hotel “Zum Erzherzog Johann” in Benutzung, erklärt im ORF-Interview Heinz Veitschegger, ein historisch interessierter Bürger, der auch Fotos vom seinerzeitigen Abbruch des Klosters gemacht hat. Heute stehen an seiner Stelle Wohnhäuser. Die alte Klosterkirche in der Wiener Straße 56 blieb bestehen, doch anstelle des alten Eingangs zur Kirche wurde ein moderner Glasvorbau errichtet, sodass das Kirchengebäude als solches vom Straßenraum kaum mehr wahrnehmbar ist. Heute befindet sich im Kirchengebäude dasKunsthaus Mürz.

Ebenso in Mürzzuschlag befindet sich das ehemalige Schimuseum (Wintersportmuseum Mürzzuschlag), das unter Denkmalschutz steht und trotzdem vor sich hinbröckelt. Dieses Gebäude in der Wiener Straße 79 (Foto) kann aber noch gerettet werden …

ORF-FERNSEHBEITRAG (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14113364/Verlorenes-Erbe-Muerzzuschlag-und-das-vergessene-Kloster/15037238 (ORF 2, ‘Studio 2’, 17.11.2021, “Verlorenes Erbe: Mürzzuschlag und das vergessene Kloster”)

Verlorenes Erbe (Wien): Abriss des Lederer-Schlössels 1972

Im Rahmen der ORF Serie “Verlorenes Erbe” in der Vorabendsendung “Studio 2” wurde diesmal das Lederer-Schlössel in der Mühlberggasse 9 in Weidlingau (ganz im Westen des 14. Wiener Bezirks Penzing) präsentiert. ORF-FERNSEHSENDUNG (6 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14102571/Verlorenes-Erbe-Lederer-Schloessl/14982242 (19.8.2021 Wiederholung; Erst-Ausstrahlung 4.9.2020: https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14063572/Verlorenes-Erbe-Lederer-Schloessel/14755622. Es trug seinen Namen nach seinem letzten Besitzer, dem Industriellen August Lederer, einem bekannten Kunstmäzen und Förderer der Wiener Secession, besonders von Gustav Klimt. Dieses 1715 von Johann Bernhard Fischer von Erlach erbaute Palais, damals als Gartenpalais Huldenberg bezeichnet, wurde im 19. Jahrhundert umgestaltet (Mittelrisalit bekam säulengestützten Altan sowie einen Dreicksgiebel). Am Gelände daneben wurde Anfang der 1970er-Jahre die Stadt des Kindes nach Plänen des Architekten Anton Schweighofer errichtet. Obwohl das Palais mit seinem prächtigen Neo-Rokoko Stuck dem Neubau nicht im Weg stand, wurde es 1972 mutwillig zerstört. +++ Das Lederer-Schlössl auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Ledererschl%C3%B6ssel +++ Die “Huldenbergvilla” auf Wien Geschichte Wiki: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Huldenbergvilla

Literaturtipp:

Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy, Stadtbildverluste Wien – ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte, Wien 2004, Seite 184

Verlorenes Erbe (Stmk): Landesfürstliche Burg Leoben, 1964 abgerissen

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 24. Jänner 2022 der Abriss der ehemals Landesfürstlichen Burg in Leoben behandelt. Wie andere Städte in Österreich besaß auch Leoben eine Stadtburg. 1964 musste jedoch 3/4 der stattlichen Anlage am Stadtkai, direkt an der Mur gelegen, einem Rathausneubau weichen.

ORF-FERNSEHBEITRAG ZUM NACHSEHEN (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14121679/Bundesdenkmalamt-ueber-Bausuende-in-Leoben/15087047

Leoben um 1900

Leoben um 1900, mittig links von der Mur die stattliche Anlage der landesfürstlichen Burg zu sehen, um 1900, (c) gemeinfrei (Wikipedia), Originalquelle: http://loc.gov/pictures/resource/ppmsc.09585/

Nach 1261 vom Rittergeschlecht der Timmersdorfer erbaut, musste dieses die Burg 1418 an Erzherzog Ernst aus dem Hause Habsburg verkaufen.  Die nunmehr landesfürstliche Burg diente als Absteige für die Landesherrn. Erzherzog Ferdinand (ab 1619 römisch-deutscher Kaiser) übertrug die Anlage 1613 dem Jesuitenorden, der hier ein Jesuitenkolleg errichten ließ. Alfred Joham, Leiter der Raumplanung Leoben erzählt, dass sich Umbaupläne aus 1623 von den Jesuiten erhalten haben. Nach Aufhebung des Jesuitenordens 1773 diente die Anlage als Kaserne und ab 1876 bis zuletzt als Gymnasium. Christian Brugger, oberster Denkmalpfleger (Abteilungsleiter) im Bundesdenkmalamt Steiermark, berichtet, wie es zum Abriss kommen konnte: 1962 war es zum ersten Mal, dass das Denkmalamt anonym informiert wurde, dass hier möglicherweise mit der alten Burg “etwas im Busch ist”. Die Antwort der Gemeinde war: Nein, es wird wahrscheinlich weiter Schule bleiben und man werde sich schon rühren (im Nordosttrakt war ja schon das neue Stadtmuseum eingerichtet). Doch die Stadt wollte unbedingt ein neues Rathaus, just anstelle der alten Burg. Es regte sich daraufhin auch Widerspruch zum geplanten Abbruch dieses stadtbildprägenden Gebäudes, sogar das Bundeskanzleramt hatte sich mit der Stadt Leoben in Verbindung gesetzt und angeregt, hier ein Eisenmuseum einzurichten. Die Stadt Leoben beharrte jedoch mit aller Vehemenz, ein neues Rathaus anstelle der alten Burg am Stadtkai zu errichten. Das Denkmalamt hatte damals bereits den Wert der Anlage erkannt und entschieden, dass die Burg schützenswert ist und stehen bleiben muss. Die Stadt Leoben beeinspruchte die Unterschutzstellung, sodass das Unterrichtsministerium als nächsthöhere Berufungsinstanznach einer Expertise vom bekannten Architekten und Stadtplaner Roland Rainerunter Auflagen, wie die neue Form des Rathauses auszusehen hat, der Berufung stattgegeben hat. Nur der Nordostflügel in der Kirchgasse 6, der als neu eingerichtetes Stadtmuseum Leoben (heute Mu­se­ums­Cen­ter & Kunst­hal­le) nicht zur Diskussion stand, blieb somit erhalten. 1997 wurde für die Steirische Landesausstellung “Made in Styria” das Gelände der ehemaligen Landesfürstlichen Burg auserkoren. In Vorbereitung dessen wurde das alte Stadtmuseum in einen modernen Museums- und Ausstellungskomplex umgewandelt (Kunsthalle Leoben) und die beiden bekannten Architekten Günther Domenig und Hermann Eisenköck fügten dem erhaltenen Nordosttrakt Flügelbauten an, die “wie symbolische Prothesen der amputierten Burgtrakte in Richtung Rathaus zeigen, um an den einstigen Vierkanter zu erinnern.” War die Burg wirklich in einem so schlechten Zustand, dass ein Abbruch gerechtfertigt war? Eisenköck: “Das Kolleg hätte durchaus restauriert werden können. Damals ist ein schwerer Fehler passiert, heute wäre ein solcher Abriss in keinster Weise denkbar.” Heute stehen sowohl das “Stadtmuseum und Kunsthaus Leoben mit ehem. Jesuitenkolleg und integr. Stadtmauer” als auch das Neue Rathaus per Verordnung (vorläufig) unter Denkmalschutz (§ 2a Denkmalschutzgesetz). Das Neue Rathaus am Stadtkai (Erzherzog Johann-Straße 2) wurde nach Plänen von Kurt Thornton (Stadtbauamt Leoben) 1964-1973 erbaut.  Der Architekturpublizist Friedrich Achleitner beschreibt den langgestreckten Baukörper 1983 als “in seiner trockenen, jedoch ambitionierten Architektur” als einen “typischen Vertreter der Amtsbauten der [19]60er Jahre.”

ORF-FERNSEHBEITRAG ZUM NACHSEHEN (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14121679/Bundesdenkmalamt-ueber-Bausuende-in-Leoben/15087047 (ORF ‘Studio 2’, “Bundesdenkmalamt über Bausünde in Leoben”, 24.1.2022).

 

Stadt Leoben 1912

Leoben, Blick über die Mur, hinter der Brücke sieht man die einst stattliche Burg, Foto: 1912, (c) gemeinfrei (Wikipedia)

Literatur:

Edgard Haider, “Unvergessen: Die ehemalige landesfürstliche Burg in Leoben”, in: Denkma[i]l, Nr. 5/2010, Nachrichten der Initiative Denkmalschutz, Seite 15: https://www.initiative-denkmalschutz.at/denkmail/Denkmail_Nr_05_web.pdf

Dehio-Handbuch, die Kunstdenkmäler Österreichs, Band: Steiermark (Topographisches Denkmälerverzeichnis, Hrsg. Bundesdenkmalamt), Wien 1982, Seite 254 (ehem. Jesuitenkolleg) und Seite 258 (Neues Rathaus)

Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band II: ‘Kärnten, Steiermark, Burgenland’, Salzburg und Wien 1983, Seite 252

Weitere Quellen / Linktipps:

Leoben, “Landesfürstliche Burg, Neue Stadtburg” auf ‘Alleburgen.de’: https://www.alleburgen.de/bd.php?id=23006

Die Kunsthalle Leoben, über den Umbau des Stadtmuseum in einen modernen Museums- und Ausstellungskomplex:  https://www.archconsult.com/project/kunsthalle-leoben

Neues Rathaus Leoben

Das Neue Rathaus Leoben, erbaut 1964 bis 1973, Architekt Kurt Thornton, mittlerweile unter Denkmalschutz, Foto: Juni 2011, (c) ZL, CC BY-SA 3.0, Wikipedia

Nordbahnhof (Wien): 1860 erbaut, Kriegsruine 1965 gesprengt

ORF-SERIE “Verlorenes Erbe” – Folge 1: Der Wiener Nordbahnhof: In der Zeit der k.u.k. Monarchie (bis 1918) war der Nordbahnhof einer der bedeutendsten Bahnhöfe in Europa und der wichtigste Bahnhof Wiens und galt auch als prunkvollster. Dieser 2. Nordbahnhof wurde 1859–1865 erbaut (der erste Bahnhof stammt aus 1837/38). Das Bahnhofsgebäude wurde nach Entwürfen des Direktionspräsidenten Josef Stummer von Theodor Hoffmann im Stil des romantischen Historismus erbaut (maurische sowie toskanische Einflüsse erkennbar). Das Empfangsgebäude war, wie bei anderen großen Bahnhöfen dieser Zeit, ein ausgesprochenes Repräsentationsgebäude und war z. B. mit einem Hofwartesalon für den kaiserlichen Hof ausgestattet. Für die Züge gab es eine geräumige, dreischiffige Halle in Hochlage und war 137 Meter lang und über 32 Meter breit. Im Vestibül stand eine Statue des Gründers und Hauptfinanziers der Nordbahn, Anselm Salomon Freiherr von Rothschild, die 1869/1870 von Johann Meixner angefertigt worden war. Sie wurde 1938 von den Nationalsozialisten abmontiert und ist heute als Leihgabe des Technischen Museums Wien im Jüdischen Museum Wien zu sehen. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs wurde der Bahnhof am 12. März 1945 durch Bombentreffer und Anfang April 1945 durch Artillerie schwer beschädigt. Nach 1945 in Folge des Kalten Krieges verlor die Nordbahnstrecke ihre überregionale Bedeutung, sodass der Bahnhofsbau dem Verfall preisgegeben und schließlich am 21. Mai 1965 gesprengt wurde. ORF-FERNSEHBERICHT ZUM NACHSEHEN (4 MIN): https://tvthek.orf.at/history/Geschichte/13557883/Der-Wiener-Nordbahnhof-als-Aushaengeschild/14067639/Der-Wiener-Nordbahnhof-als-Aushaengeschild/14775047 (4.2.2020, ORF-Studio 2 “Verlorenes Erbe: Der Wiener Nordbahnhof als Aushängeschild”)

Der Wiener Nordbahnhof auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Wien_Nordbahnhof sowie auf Wien Geschichte Wiki: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Nordbahnhof

Verlorenes Erbe (Wien): Hohe Warte-Villa Kellner, 1978 abgerissen

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 23. Februar 2022 die Villa Kellner auf der Hohen Warte in Wien-Döbling vorgestellt. ORF-FERNSEHBEITRAG (6 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14125425/Die-Karajan-Villa/15110968

Auf der Adresse Hohe Warte 29 wohnten viele berühmte Persönlichkeiten. Hier verbrachte z. B. die Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Rosa Mayreder ihre Kindheit. Nach dem Verkauf 1895 an Marie von Kellner, der Gattin des Chemikers Karl Kellner, wurde die Villa, die auch eine Sternwarte mit Kuppel auf dem Dach bekam, 1896 vom bekannten Architekten und Otto Wagner-Schüler Max Fabiani, dem Entwerfer der später errichteten Urania (ebenso mit Sternwarte), um- und ausgebaut. Eleonore Lichtenecker, Urenkelin der ersten Besitzerin, möchte im Sommer 2022 ein Buch über diese Villa veröffentlichen. Sie erzählt im ORF-Interview, dass viele Architektur- und Dekorationsdetails aus dem Freimaurerischen, Indischen und Assyrischen stammten. Ab 1915 waren Hans und Gisela Weigel, den Eltern der bekannten Kinderbuch-Illustratorin Susi Weigel (bekannt vor allem für die Bebilderung des Kinderbuchs von Mira Lobe, Das kleine Ich-bin-ich), Eigentümer der Villa. 1923 ging die Villa in den Besitz des Industriellen Georg Mauthner über. Dann kam das Haus an den Salzburger Maler Georg Jung. Er vermietete Teile des Hauses an viele prominente Persönlichkeiten aus Theater, Oper und Literatur, wie z. B. den Sohn Richard Wagners, dem Schauspieler Heinz Rühmann, viele Opernsängerinnen und -sänger, den Sohn von Leo Slezak. Stadtforscherin Christine Dietrich berichtet vom Einzug Herbert von Karajans mit seiner Frau Eliette 1957, auch der Zukunftsforscher Robert Jungk wohnte Ende der 1950er-Jahre dort. Der nächste Mieter war der Schauspieler und Entertainer Peter Alexander, auch die Schauspielerin Ida Krottendorf wohnte hier. Am Schluss, in den späten 1970er-Jahren – vor dem Abriss der Villa – wohnte noch der Spionage-Krimi-Autor John le Carré dort. Danach fand sich für die große Villa mit seinen drei Geschoßen keine Mieter mehr. Die Eigentümer mussten dann schweren Herzens die Villa verkaufen, wollten noch einen Käufer finden, der das Gebäude erhält. Dann kam die Cottage Baugesellschaft, die zunächst behauptete die Villa erhalten zu wollen, doch 1978 kam es zum Komplettabriss. Anstelle der Villa kam ein grauer Neubaublock mit vielen Wohnungen. Und auch die alte Postadresse Hohe Warte 29 existiert nicht mehr, der Wohnsiedlung bekam die neue Adresse Reimersgasse 16.

ORF-FERNSEHBERICHT ZUM NACHSEHEN (6 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14125425/Die-Karajan-Villa/15110968 (ORF Studio 2, 23.2.2022, ‘Die Karajan Villa’)

Literatur / Linktipps:

– Fotobeschreibung “Villa Hohe Warte Nr. 29 (Foto-Atelier J. Weiner, Wien, um 1905)”: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Villa_Hohe_Warte_Nr._29_(Atelier_J._Weiner,_Wien,_um_1905).jpg

– Off topic: Wien, Hohe Warte 29. Johann und Gisela Weigels Wiener Villa, Hohe Warte 29: https://starsingars.wordpress.com/2021/09/01/off-topic-wien-hohe-warte-29

Hohe Warte (Wien): Die verlorenen Gärten des Baron Rothschild

ORF-SERIE “Verlorenes Erbe”Die berühmten Gärten des Baron Rothschild: In Wien hat es vor hundert Jahren zwei weltbekannte Gärten gegeben: Neben Schönbrunn, der wohl den meisten bekannt ist, waren die Rothschildgärten auf der Hohen Warte in Döbling. Der Banker Nathaniel Meyer Freiherr von Rothschild erwarb in den 1860er Jahren auf der Hohen Warte ein über 80.000 Quadratmeter umfassendes Grundstück, das er 1882 zu einem weitläufigen Herrschaftspark ausgestalten lies. Später, besonders unter Alphonse von Rothschild (1878-1942), Sammler und Liebhaber schöner Gärten sowie exotischer Blumen, wurde der Garten mit seinem wertvollen Pflanzenbestand über die Grenzen Europas bekannt. Das Ensemble bestand aus einer umfangreichen Parkanlage und einer stattlichen, späthistoristischen Villa (im Krieg zerstört). Die Gartenanlage enthielt botanische Raritäten und rund 90 Glashäuser. Gartenliebhaber sind von weit her angereist, um sie zu sehen und in Botanikerzeitschriften ist in höchsten Tönen davon berichtet worden. 1938 von den Nationalsozialisten enteignet, wurde die Anlage im 2. Weltkrieg zum Teil zerstört. Der Garten wurde nach dem Krieg der Familie Rothschild zurückerstattet, kam aber 1950 durch eine Schenkung in den Besitz der Gemeinde Wien1969 begann das Stadtgartenamt mit der Umgestaltung in eine kommunale Parkanlage, den heutigen Heiligenstädter Park. Einzelne Gartenelemente (u. a. Formspalierbäumchen) haben sich bis heute erhalten und wurden ins Gartenbau-Museum verbracht, eine marmorne Venusfigur des Mailänder Bildhauers Antardini ist heute im Palmenhaus der Blumengärten Hirschstetten untergebracht. Mit dem Bau des Döblinger Bezirkshallenbads 1978 verschwanden die Glashäuser völlig. Nur noch das denkmalgeschützte Pförtnerhaus mit seinem mächtigem Tor (Geweygasse 6) erinnert heute an das einstige Dorado der Gartenkunst. ORF-FERNSEHBEITRAG ZUM NACHSEHEN (5 Min): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14070080/Die-beruehmten-Gaerten-des-Baron-Rothschild/14788271 (ORF “Studio 2”, 2.11.2020, ‘Die berühmten Gärten des Baron Rothschild’)

Die Rothschild-Gärten:
– auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Rothschildg%C3%A4rten
– auf Wien Geschichte Wiki: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Rothschildg%C3%A4rten

Der Heiligenstädter Park:
– auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Heiligenst%C3%A4dter_Park
– auf der Website der Stadt Wien: https://www.wien.gv.at/umwelt/parks/anlagen/heiligenst.html

PS: Rothschild spielte auch eine wesentliche Rolle bei der Etablierung des ersten Fußballvereins in Österreich, des First Vienna FC 1894, der am 22. August 1894 durch Rothschilds Gärtner in Wien-Döbling gegründet wurde. Als Taufpaten fungierten Rothschild und der Generaldirektor des Bankhauses Rothschild. Die Vereinsfarben wurden mit Blau und Gelb, den Wappenfarben des Hauses Rothschild, festgelegt. Mit diesen Farben spielt der Verein nach wie vor im Stadion Hohe Warte. (Quelle: Wikipedia).

Verlorenes Erbe (Wien): Hotel Metropol, 1945 zerstört

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ (von Rupert Reiter-Kluger) im ORF 2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 25. Februar 2022 die das Hotel Metropol in der Wiener Innenstadt beim Schwedenplatz vorgestellt. ORF-FERNSEHBEITRAG (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14125712/Das-Wiener-Hotel-Metropol-im-Portraet/15113201

Das Hotel Métropole, auch Hotel Metropol, war ein Luxushotel und das damals größte Hotel in Wien. Es lag ursprünglich an einem kleinen Park am Franz-Josefs-Kai 31-33 am Donaukanal. Es wurde 1871 bis 1873 von den Architekten Ludwig Tischler (Planung) und Carl Schumann (Ausführung) errichtet. 1938 zum Gestapo-Hauptquartier auserkoren, wurde das Gebäude am Ende des 2. Weltkriegs (1945) stark beschädigt, und die Hausruine wurde schließlich nach 1948 abgerissen. Heute steht an Stelle des Hotels der Leopold-Figl-Hof, eine acht- bis zwölfgeschoßige Wohnhausanlage, die 1963 bis 1967 nach Plänen des Architekten Josef Vytiska erbaut wurde.

In Vorbereitung der Wiener Weltausstellung 1873 hat man in Wien beschlossen, fünf neue Hotels zu erbauen, dazu zählte u. a. das Hotel Austria (Schottenring 11; 1945 zerstört), sowie das Hotel Britannia am Schillerplatz 4 (heute nicht mehr als Hotel genutzt), erzählt Elisabeth Boeckl-Klamper, Metropolexpertein und Buchautorin (“Gestapo-Leitstelle Wien 1938-1945“) im ORF-Interview. Der Kai war damals Teil der Ringstraße und als Prachtbouvelvard gestaltet. Das Hotel wurde einen Monat vor Eröffnung der Wiener Weltausstellung in Betrieb genommen, es war ein First-Class Hotel mit prachtvoller Innenausstattung (u. a. mehrere Säle).

Hotel Metropol, Festsaal, Wien

Festsaal im Hotel Metropol, ca. 1911, Foto: Kunstdruckerei Moriz Frisch, Public domain, CC0 1.0, Wikipedia

Die Urenkelin der letzten Geschäftsführerin, Marianne Schulze erzählt: Wegen der Nähe zum 2. Bezirk, dem Zentrum des jüdischen Lebens in Wien, gab es damals viele jüdische Festlichkeiten im Hotel. Das Hotel hatte auch eine Straßenfront mit einer Art Shopping-Mal entlang des Franz-Josefs-Kai mit 60 Geschäften. Elisabeth Boeckl-Klamper erzählt: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war eines dieser Lokale eine Niederlassung von der Textilfabrik von Moritz Zweig, dem Vater vom berühmten Schriftsteller Stefan Zweig. Das letzte Werk von Stefan Zweig war bekanntlich die Schachnovelle, die er schon im Exil in Brasilien geschrieben hat, und da spielt das Hotel Metropol in der Nazi-Zeit in dieser Novelle eine besondere Rolle. 1938 war das Hotel Metropol eine der allerersten Immobilien, die von den Nazis beschlagnahmt wurden. Es wurde das Gestapo-Hauptquartier. Marianne Schulze, Urenkelin der letzten Geschäftsführerin erzählt über die Familiengeschichte, wie ihre 19jährige Großmutter noch schnell die Korrespondenzen verbrennen musste und erfolglos versucht hat den Familienschmuck zu retten (vgl. “Drei Möbel aus dem Metropole“). Die Familie flüchtete nach Australien. Heute ist das Hotel Metropol bedauerlicher Weise aus dem Gedächtnis der Wiener Bevölkerung so gut wie getilgt. In dem 1948 gedrehten berühmten britischen Spielfilm “Der dritte Mann, der im zerstörten Wien spielt, ist in einer Einstellung die gespenstische Hausruine des ehemaligen Gestapo-Hauptquartiers zu sehen.

ORF-FERNSEHBEITRAG (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14125712/Das-Wiener-Hotel-Metropol-im-Portraet/15113201 (ORF Studio 2, ‘Das Wiener Hotel Metropol im Porträt’, 25.2.2022)

Wien: Flakturm im Augarten vor Teilabriss?

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ im ORF2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 7. Jänner 2021 über die Wiener Flaktürme berichtet (Flak = Fliegerabwehrkanone): “Verlorenes Erbe: Die unzerstörbaren Flaktürme”. Im Zuge der Erbauung dieser sechs monströsen Flugabwehr-Türme 1942 bis 1945 wurden drei historische Gartenanlagen verbaut. Der Arenbergpark im 3. Bezirk, der Esterházypark im 6. Bezirk sowie der Augarten im 2. Bezirk. Während nur der Flakturm im Esterházy-Park, der heute als „Haus des Meeres“ genutzt wird und unlängst groß ausgebaut wurde, nicht unter Denkmalschutz steht, besteht für die anderen fünf Flaktürme ein solcher Schutzstatus. Nun wird im aktuellen ORF-Fernsehbeitrag darüber nachgedacht, ob man die Türme nicht doch abtragen könnte. Nikola Prajo, Vertreter der Abbruchfirma Prajo spricht im Interview über Machbarkeit, Aufwand und mögliche Kosten eines solchen Abrisses. In der Folge heißt es im ORF-Beitrag wörtlich: „Der erste Turm, der vermutlich abgetragen werden muss, ist der runde Turm im Augarten. Die Explosion eines Munitionsdepots hat ihn so stark beschädigt, dass er 2006 vorübergehend einsturzgefährdet war und abgesichert werden musste.“ Die renommierte Gartenhistorikerin Maria Auböck findet die Idee, dass man die “Bunker” abträgt und etwas G‘scheiteres macht, interessant. Nur meint Sie: „Ich hab noch niemanden gefunden, der das durchsetzt.“ Weiters heißt es wörtlich im ORF-Beitrag: „Diskutiert wurde auch schon, die Türme zum großteil abzutragen, und nur einen Stumpf stehen zu lassen. Der weitgehend unbekannte siebente Wiener Flakturm in Floridsdorf, der unvollendet blieb, zeigt, wie das aussehen könnte.“

Flakturm/Bunker in Wien-Floridsdorf

Der Bunker (‘Flakturm’) in der Gerichtsgasse 1b in Wien-Floridsdorf, Foto: Nov. 2013, (c) VIEX – Ernest Niedermann CC BY-SA 3.0

Unser Verein Initiative Denkmalschutz fragt sich: Wird der runde Flakturm (Gefechtsturm) im Augarten in wenigen Jahren so aussehen, wie der Floridsdorfer Flakturm (oder besser “Bunker”, in der Gerichtsgasse 1b), oder kommt ein großes Flakturm-Ausbauprojekt nach Teilabbruch des Turmes, ähnlich den Ausbauplänen zu einem Datencenter im Jahr 2007 ? Wir hoffen, dass dieses monumentale, denkmalgeschützte Geschichtsdokument nicht bald zum „Verlorenen Erbe“ zählen wird. ORF-FERNSEHBEITRAG ZUM NACHSEHEN: https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14077531/Verlorenes-Erbe-Die-unzerstoerbaren-Flaktuerme/14831604 (ORF 2, “Studio 2”, “‘Verlorenes Erbe’: Die unzerstörbaren Flaktürme”).

Ältere Medienberichte:

30. Jänner 2017, MeinBezirk
Was passiert mit den Flaktürmen im Augarten?
https://www.meinbezirk.at/leopoldstadt/c-lokales/was-passiert-mit-den-flaktuermen-im-augarten_a1996685

14. Jänner 2017, Der Standard
Das Innenleben der Wiener Flaktürme. Manche der sechs Flaktürme bröckeln vor sich hin, andere werden genutzt. Historiker fordern, zumindest einen zu einem begehbaren Mahnmal zu machen. https://www.derstandard.at/story/2000050703092/das-innenleben-der-wiener-flaktuerme

1. November 2007, Der Standard
Neustart für strittiges Projekt: Der Flakturm als Datenspeicher. Umgraben im Augarten: Für den denkmalgeschützten Park werden wieder Baupläne gewälzt: https://www.derstandard.at/story/2971752/neustart-fuer-strittiges-projekt-der-flakturm-als-datenspeicher

24. Juli 2007, Der Standard
DCV gibt nicht auf: Neuer Anlauf für Datenspeicher im Augarten-Flakturm. Konzept bei Baupolizei eingereicht – Projekt auch ohne Zubauten zu verwirklichen – Grüne gegen Datencenter: https://www.derstandard.at/story/2971131/dcv-gibt-nicht-auf-neuer-anlauf-fuer-datenspeicher-im-augarten-flakturm

18. Juni 2007, Der Standard
Wiener Augarten-Flakturm bleibt Riesenbaustelle. Kran hievt 50 Tonnen schwere Betonteile aus dem Inneren – 1.200 Kubikmeter Taubenkot bereits entfernt. https://www.derstandard.at/story/2792527/wiener-augarten-flakturm-bleibt-riesenbaustelle

27. November 2006, Der Standard
Augarten-Flakturm verliert zwei “Ohrwascheln”. Die 220 Tonnen schweren Plattformen müssen abgetragen werden – DCV plant weiter Datenspeicher im Bau: https://www.derstandard.at/story/2613394/augarten-flakturm-verliert-zwei-ohrwascheln

12. Oktober 2006, Der Standard
Wiener Augarten-Flakturm verliert zwei Plattformen. Sie haben sich gelockert und werden nun mittels Kran abgetragen – weiterhin Umbaupläne zu einem Datenspeicher: https://www.derstandard.at/story/2613358/wiener-augarten-flakturm-verliert-zwei-plattformen

2. Dezember 2005, Der Standard
Flakturm im Wiener Augarten wird zum Datenlager. Betreiber gibt grünes Licht – Arbeiten könnten bereits im Frühjahr 2006 starten – Drei Jahre Bauzeit veranschlagt – Investitionen in den Park versprochen: https://www.derstandard.at/story/2255230/flakturm-im-wiener-augarten-wird-zum-datenlager

4. Mai 2005, Der Standard
Weiter Streit um den großen grauen Monolith. Das Ringen um die Zukunft des runden Augarten – Flakturmes geht in eine neue Runde: https://www.derstandard.at/story/1903711/weiter-streit-um-den-grossen-grauen-monolith

11. Oktober 2002, Der Standard
Wiener Flaktürme sollen Mahnmal-Charakter behalten. Studie lehnt große Umbauprojekte ab – Schicker gegen Aufbauten im Augarten und Eventflächen im Esterhazypark: https://www.derstandard.at/story/1098344/wiener-flaktuerme-sollen-mahnmal-charakter-behalten

Linktipps:

Flakturm-Fotos Erich J. Schimek / Initiative Denkmalschutz: https://www.flickr.com/photos/id_ejs/sets/72157646364915906

Die Flaktürme auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Flakt%C3%BCrme

Die Flaktürme auf Wien Geschichte Wiki: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Flakt%C3%BCrme

ö1-Radiobeitrag “Flaktürme, Wien” (4 min; 18.9.2018): https://oe1.orf.at/artikel/644806/Flaktuerme-Wien

Flaktürme Wien auf Geheimprojekte.at: http://www.geheimprojekte.at/info_flaktuerme.html