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St. Pölten (NÖ): Leiner Stammhaus: Planungsstart am Rathausplatz

Planungsstart für neues Stadtquartier der Signa-Gruppe im Zentrum von St. Pölten: Am Rathausplatz stehen drei Häuser, die zusammen das Leiner-Stammkaufhaus bilden. Davon steht das kleinere Barockhaus per Bescheid unter Denkmalschutz (Rathausplatz 7). Jetzt soll groß umgebaut werden. ORF-FERNSEHBERICHT: https://tvthek.orf.at/profile/Niederoesterreich-heute/70017/Niederoesterreich-heute/14048379/Leiner-Umbau-trotz-Krise/14680573; ORF-Bericht lesen: https://noe.orf.at/stories/3044081 +++ ACHTUNG: Aktuelle Medienberichte vermitteln den Eindruck, als ob nur die Fassade des Hauses unter Denkmalschutz stünde. Dies ist falsch(!), das gesamte Gebäude steht unter Denkmalschutz (unsere Initiative Denkmalschutz hat den originalen Denkmalschutz-Bescheid aus dem Jahr 1963 ausgehoben). +++ Das Leiner-Areal zwischen dem Rathausplatz und der Julius-Raab-Promenade soll jetzt großflächig abgerissen werden. Spannend bleibt, wieviel vom denkmalgeschützten Gebäude erhalten bleiben wird, u.a. besitzt das Haus noch ein „weitgehend original erhaltenes Grabendach“ (Zitat ÖKT). +++ Weitere Medienberichte: NÖN (14.4.): https://www.noen.at/st-poelten/zentrum-von-st-poelten-leiner-stadtquartier-planungsstart-fuer-city-projekt-st-poelten-signa-leiner-tiefgarage-konferenzzentrum-bauprojekt-201101204; Kurier (14.4.): https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/st-poelten-hotel-am-leiner-areal-wird-trotz-corona-krise-gebaut/400811876; MeinBezirk.at (14.4.): https://www.meinbezirk.at/st-poelten/c-wirtschaft/startschuss-fuer-neues-leiner-stadtquartier-samt-hotel_a4031547 +++ Beschreibung Haus Rathausplatz 7 ( = Roßmarkt 14): “Das Haus geht im Kern auf einen Umbau eines bestehenden Gebäudes im frühen 17. Jahrhundert zurück, das in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts barockisiert wurde. Seit spätestens 1838 befand sich ein Bettfedernhändler im Gebäude. 1910 erwarb Rudolf Leiner Senior das Gebäude, es ist somit das Stammhaus der Leinerkette. Die letzten Jahre seines Lebens diente es Rudolf Leiner als Wohngebäude.” (Quelle: Denkmalliste Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_denkmalgesch%C3%BCtzten_Objekte_in_St._P%C3%B6lten_(Stadtteil)). +++ In der Österreichischen Kunsttopographie (ÖKT) über St. Pölten (Hrsg. Bundesdenkmalamt; 1999) ist das Gebäude auf Seite 206 f. ausführlich beschrieben (vgl. https://bda.gv.at/publikationen/details/oesterreichische-kunsttopographie-band-liv-st-poelten/). +++ In der originaler SIGNA-Presseaussendung (30.1.2020) heißt es: “die denkmalgeschützten Bauteile entlang des Rathausplatzes bleiben erhalten” (siehe: https://www.signa.at/de/news/st-poelten-neues-stadtquartier-mit-leiner-stammhaus-geplant). Originale Meldung der Stadt St. Pölten (30.1.2020): “Leiner: Hotel kommt, Möbelhaus bleibt”: https://www.st-poelten.at/news/14195-leiner-hotel-kommt-moebelhaus-bleibt +++ Das Leiner-Areal (zwischen Rathausplatz und Roßmarkt) auf Google Maps: https://www.google.at/maps/place/Rathauspl.+1,+3100+St.+P%C3%B6lten/@48.2051912,15.6216098,190m/data=!3m1!1e3!4m5!3m4!1s0x477278a58d35d95d:0xf9f4e79b0d5c9df0!8m2!3d48.2043478!4d15.6230067). +++ Ältere Medienberichte: ORF: “St. Pölten: Leiner-Filiale wird Stadtquartier” (30.1.2020): https://noe.orf.at/stories/3032527; Der Standard: https://www.derstandard.at/story/2000113971020/st-poelten-signa-plant-stadtquartier-beim-leiner-stammhaus; NÖN: https://www.noen.at/st-poelten/plaene-fuer-leiner-gebaeude-neue-wohnungen-und-hotel-am-st-poeltner-rathausplatz-st-poelten-rene-benko-signa-leiner-rathausplatz-st-poelten-christoph-schwarz-hotelbau-wohnungsbau-188456781; Bezirksblätter: https://www.meinbezirk.at/st-poelten/c-wirtschaft/leiner-stammhaus-wird-verkleinert-neues-lifestyle-hotel-mit-konferenzzentrum-geplant_a3898755.

St. Pölten Innenstadt: Stellungnahme Bebauungsplan zu Schutzzonen

Öffentliche Auflage “Bebauungsplan Innenstadt St. Pölten, 4. Änderung” (16. März bis 28. April 2020)

Stellungnahme der Initiative Denkmalschutz, 28. April 2020

Der Verein Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:

Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Ausweisung im Bebauungsplan für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Dadurch wird auch am ehesten – neben der Festsetzung einer Schutzzone – der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Die erstmalige Ausweisung von Schutzzonen im gegenständlichen Planentwurf wird sehr begrüßt. Einige Änderungen möchten wir jedoch anregen:

Die Stellungnahme im Detail:

Bischofsgarten, Gartenpavillon (Parzelle .476), Klostergasse 10
im Planentwurf als Kategorie IV („Pufferzone“) ausgewiesen. Die Schutzwürdigkeit dieses Barockpavillons im Bischofsgarten des denkmalgeschützten Bistumsgebäudes ist unzweifelhaft gegeben. Der Pavillon wurde 1739 erbaut und ist mit Deckenfresken aus dem Jahr 1780 von Bartolomeo Altomonte ausgestattet. Es wird daher dringend empfohlen hier zumindest die Kategorie II („Schutzwürdige Objekte“) auszuweisen. Gemäß gegenständlichem Bebauungsplanentwurf soll der Gartenpavillon unter Denkmalschutz stehen, daher wäre zu prüfen, diesen als Kategorie I („Objekte unter Denkmalschutz“) auszuweisen. Besonders wichtig ist es hier die Bebauungshöhe exakt dem Bestand anzupassen (nicht höher als Bauklasse II). In der Österreichische Kunsttopographie auf Seite 59 ff. sehr ausführlich beschrieben.

Dr. Karl-Renner-Promenade 7 (= Schneckgasse 8)
Der breitgelagerte einstöckige Bau wurde zwischen 1850 und 1852 in Formen des späten Biedermeier erbaut, mit zwei schmalen Hofflügeln und ebenerdigem Pavillon an der Promenade. Die nördliche Begrenzungsmauer des Kellers zum Teil noch ident mit den Fundamenten der äußeren Zwingermauer (2. Hälfte 13. Jahrhundert), weiters im Keller noch Fundamente eines Batterieturms der Stadtmauer erhalten. Das Gebäude ist ausführlich in der Österreichischen Kunsttopographie beschrieben (Seite 221). Es wird empfohlen hier die Kategorie II („Schutzwürdige Objekte“) auszuweisen, im Planentwurf nur Kategorie III („Ensemble-bedeutsame Objekte“).

Dr Karl-Renner-Promenade 11 (= Schneckgasse 12)
Das Gebäude wurde 1899 erbaut und zeigt eine gegliederte Fassade. Das Gebäude ist in der Österreichischen Kunsttopographie beschrieben (Seite 296 f.). Es wird empfohlen dieses Gebäude zumindest in die Kategorie III („Ensemble-bedeutsame Objekte“) aufzunehmen, derzeit im aktuellen Planentwurf nur Kategorie IV („Pufferzone“).

Grenzgasse 8
Das im Kern in das Jahr 1639 zurückgehende (Gewölbe im Erdgeschoß aus dem 17. Jh.), im 20. Jahrhundert vielfach veränderte Gebäude möge zumindest in die Kategorie III („Ensemble-bedeutsame Objekte“) Aufnahme finden. Derzeit nur Kategorie IV („Pufferzone“). Das Haus ist in der Österreichischen Kunsttopographie ausführlich beschrieben (S. 138). Ebenso Eintrag im Dehio-Handbuch (S. 2010).

Klostergasse 5
Dieses Gebäude ist im aktuellen Planentwurf als Kategorie IV („Pufferzone“) ausgewiesen, was ob des Stadtbild prägenden und historischen Charakters doch ein wenig verwundert („Gliederung der Fassade durch Kordongesims. Obergeschoßfenster mit die Parapetzone miteinbeziehenden ausgesparten Putzrahmen von 1871. Gestaltung des Erdgeschoßes mit breitem, korbbogigen, profilierten Geschäftsportal sowie Nutzung rezent. Die Geschäftsräume selbst mit weitgespannten Platzlgewölben 3. Drittel 18. Jahrhundert“). Es wird empfohlen dieses Gebäude in die Kategorie II („Schutzwürdige Objekte“) aufzunehmen. Das einstöckige Gebäude geht im Kern auf das 3. Drittel des 18. Jahrhunderts zurück und wurde 1871 aufgestockt. Es wird auch in der Österreichischen Kunsttopographie ausführlich beschrieben (Seite 149). Die erlaubte Bauhöhe möge hier mit Bauklasse II ausgewiesen werden.

Parkpromenade 14 (= Klostergasse 27)
Das „frühhistoristische Wohnhaus mit Walmdach und breitgelagerter Schaufront zur Parkpromenade“ wurde laut Österreichischer Kunsttopographie 1863/64 errichtet (Seite 152). Es wird angeregt auch hier das Gebäude in die Kategorie II („Schutzwürdige Objekte“) zu heben, anstatt derzeit Kategorie III (Ensemble-bedeutsame Objekte). Mit Verwunderung wird festgestellt, dass hingegen der Grünraum zur Parkpromenade hin als Kategorie II („Schutzwürdige Objekte“) im aktuellen Planentwurf ausgewiesen ist. Die erlaubte Bauhöhe möge hier mit Bauklasse II ausgewiesen werden.

Parkpromenade 24-26
Die beiden Gebäude aus dem 19. Jahrhundert (im Kern älter?) werden im Dehio-Handbuch (Hrsg. Bundesdenkmalamt) auf Seite 2023 erwähnt. Es wird empfohlen diese beiden Gebäude in die Kategorie II („Schutzwürdige Objekte“) aufzunehmen.

Schmiedgasse 8
Dieses ebenerdige Haus ist trotz seiner baulichen Veränderungen ein das Stadtbild prägendes Objekt. Es wird empfohlen dieses Haus in die Kategorie III („Ensemble-bedeutsame Objekte“) aufzunehmen (so wie das ähnlich prägende, gegenüberliegende Gebäude Schmiedgasse 7 im Planentwurf schon aufgenommen ist). Im aktuellen Planentwurf ist es nur als Kategorie IV („Pufferzone“) ausgewiesen. Ebenso wird in diesem Sinne empfohlen auch die Bebauungshöhe exakt dem Bestand anzupassen, also Bauklasse I (im Planentwurf zu hoch gewidmet).

Wiener Straße 50, „Cafe zum Mohren“
Das einstöckige Gebäude „mit klassizistischer, durchgehend gebänderter Fassade“ möge als Kategorie II („Schutzwürdige Objekte“) ausgewiesen werden. Derzeit Kategorie III („Ensemble-bedeutsame Objekte“). Das Haus ist in der Österreichischen Kunsttopographie ausführlich beschrieben (Seite 254f.)

Markus Landerer und Claus Süss
im Namen des Vorstandes

Initiative Denkmalschutz
Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
www.initiative-denkmalschutz.at
mobil: +43 (0)699 1024 4216
Fuchsthallergasse 11/5
1090 Wien, Österreich / Austria
email:
(ZVR-Nr.: 049832110)

Literatur:

– Österreichische Kunsttopographie Band LIV, Die Kunstdenkmäler der Stadt St. Pölten (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Horn, 1999

– Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Niederösterreich südlich der Donau, Teil 2: M bis Z (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Horn/Wien 2003

St. Pölten (NÖ): Kinderhort Grillparzerstraße wird abgerissen

Der Kinderhort der Stadt St. Pölten wird dieser Tage abgerissen. Das Gründerzeitgebäude in der Grillparzerstraße 17 wurde 1897 als evangelisches Waisenhaus erbaut und soll einem Neubau weichen. Der späthistoristische, 3geschoßige Bau ist Torso einer ursprünglich mehrtraktig geplanten Anlage. Der Architekt des ursprünglichen Waisenhauses, Otto Thienemann, (*1827, +1905) zählt zu den großen Architekten der Ringstraßenära. Eines seiner Hauptwerke ist das 1872 errichtete Gebäude des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines in der Eschenbachgasse in der Wiener Innenstadt, auch sehr bekannt ist der “Grabenhof” am Wiener Graben. In der Grillparzerstraße 17 (Kranzbichlerstraße 16) in St. Pölten ist jetzt ein Neubau der Musikschule mit Akademie und des Hortes der Landeshauptstadt St. Pölten geplant. NÖN-ARTIKEL WEITERLESEN: https://www.noen.at/st-poelten/abriss-und-neubau-platz-fuer-musiker-und-schueler-in-st-poelten-st-poelten-grillparzerstrasse-musikschule-st-poelten-print-237006700 (10.12.2020, “Abriss und Neubau: Platz für Musiker und Schüler in St. Pölten”, Niederösterreichische Nachrichten) +++ Weitere Medienberichte: KURIER: https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/sankt-poelten/st-poelten-neues-gebaeude-fuer-kinderbetreuung-und-musikschule/401118585 (4.12.2020, “St. Pölten: Neues Gebäude für Kinderbetreuung und Musikschule”); MeinBezirk: https://www.meinbezirk.at/st-poelten/c-lokales/akademie-entsteht-in-der-grillparzerstrasse_a4372478 (30.11.2020, “St. Pölten: Akademie entsteht in der Grillparzerstraße”).

Grillparzerstraße 17, St. Pölten, Luftaufnahme

Der gründerzeitliche Gebäudetorso in der Grillparzerstraße 17 (T-förmige Bau) in Verlängerung der Maria-Theresia-Straße liegt inmitten einer weitläufigen Grünfläche, (c) Google Maps 2020

Literatur

Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Topographisches Denkmälerinventar, Herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Band: Niederösterreich südlich der Donau, Teil 2: M bis Z, Horn – Wien 2003, Seite 2010 (vgl. https://bda.gv.at/publikationen/details/dehio-niederoesterreich-suedlich-der-donau-in-zwei-teilen-die-kunstdenkmaeler-oesterreichs).

Architekt

Otto Thienemann (1827-1905) im Architektenlexikon Wien (1770-1945): http://www.architektenlexikon.at/de/1307.htm

PS: Zur Situation “Abrisse und drohende Abrisse” in St. Pölten siehe auch Presseaussendung der Initiative Denkmalschutz (4. Oktober 2019): St. Pölten (NÖ): Abriss Arbeiterwohnhaus – schwerer Verlust für Stadtbild: https://www.initiative-denkmalschutz.at/presseaussendungen/st-poelten-noe-abriss-arbeiterwohnhaus-schwerer-verlust-fuer-stadtbild

St. Pölten (NÖ): Abriss Arbeiterwohnhaus – schwerer Verlust für Stadtbild

Presseaussendung, 4. Oktober 2019

Initiative Denkmalschutz: Abriss des Arbeiterwohnhauses in St. Pölten – Schwerer Verlust für historisches Stadtbild.

In wenigen Tagen ist die „Eierspeisburg“ am Kardinal Franz König-Platz endgültig Geschichte.

Vom 1907 von der Stadt St. Pölten erbauten, großen, späthistoristischen, markant am Kardinal Franz König-Platz gelegenen Eckwohnhaus mit Arbeiterwohnungen wird dieser Tage die Stadtbild prägende Straßenfassade abgerissen (Neugebäudeplatz 5, Ecke Rennbahnstraße 18). Erstaunlich, welches für das St. Pöltner Stadtbild so wichtige historische Gebäude (mit seinen Risaliten, überhöhten Dreiecksgiebeln, attikaartigen Aufbauten sowie zahlreichen kleinen Ecktürmchen) nun endgültig verschwindet. In Wien wäre dieses Objekt – egal ob in einer Schutzzone gelegen oder nicht – mit Sicherheit als Erhaltenswert eingestuft worden und hätte (grundsätzlich) erhalten werden müssen, nicht so in St. Pölten. Die Initiative Denkmalschutz unterstützt die überparteiliche Bürgerplattform Pro St. Pölten, die vor der „Eierspeisburg“ im September letzten Jahres für deren Erhaltung demonstriert hat [Foto], in ihren Bemühungen das St. Pöltner Kulturerbe zu bewahren (www.buergerplattformprostp.at).

Arbeiterwohnhaus am Kardinal König-Platz in St. Pölten vor dem Abbruch, Foto: August 2019, Fotograf: Markus Landerer, Initiative Denkmalschutz

Initiative Denkmalschutz: Großzügige Schutzzonenwidmungen in St. Pölten ein Gebot der Stunde

Nach dem bedauerlichen Verlust der 1885/86 im Neorenaissance-Stil erbauten Maderna-Villa 2010 in der Josefstraße 2 (während eines laufenden Unterschutzstellungsverfahrens durch das Bundesdenkmalamt(!) abgerissen), dem Abbruch des wertvollen, 1898 erbauten ehem. „Hotel Bahnhof“, einem neoklassizistischen Gründerzeithauses am Bahnhofplatz 14 im Jahr 2011 oder dem Abriss des im Kern auf das 17. Jh. zurückgehende, biedermeierlich fassadierten „Kohn-Hauses“ in der Linzer Straße 20 im letzten Jahr, ist es nun dringend an der Zeit, dass umfassende Schutzzonenverordnungen seitens der Stadt St. Pölten erlassen werden. Ansonsten kann die Stadt St. Pölten nur durch den Erwerb von Gebäuden diese kurzfristig vor dem Abbruch bewahren (wie seitens der Stadt St. Pölten 2018 beim „Rotkreuz“-Haus, der ehem. Villa Schatzl in der Julius-Raab-Promenade 16 dankenswerter Weise geschehen). Erfreulicherweise gibt es mittlerweile eine Bausperre für einen großen Teil der Innenstadt, um in Folge eine solche Schutzzone zu widmen, doch ebenso dringlich sind künftige Schutzzonen auch außerhalb des Stadtzentrums. So scheinen die beiden 1903 erbauten, erhaltenswerten historistischen Villen in der Maria Theresia-Straße 12 und der Dr. Theodor Körner-Straße 1 (Ecke Johann Gasser-Straße 18) auf Grund der Jahre langen Vernachlässigung ebenso vom Abbruch bedroht.

Arbeiterwohnhaus, Kardinal König-Platz, St. Pölten

Das markante Eckgebäude am Kardinal König-Platz in St. Pölten während des Abrisses, Foto: 18.9.2019, Fotograf: Stefan Lenk (Bürgerplattform Pro St. Pölten)

Initiative Denkmalschutz: Plädoyer an das Land Niederösterreich einen umfassenden Schutz historischer Gebäude in der NÖ Bauordnung zu verankern!

Niederösterreich ist reich an baukulturellem Erbe. Das Land möge daher seiner Verantwortung dafür auch gerecht werden. Das Land Wien hat letztes Jahr den Weg vorgezeigt, wie man ohne aufwändige Schutzzonenverordnungen, sein Stadt- und Ortsbild besser und nachhaltiger schützen kann. Im Frühsommer 2018 wurde eine neue Baurechtsnovelle beschlossen. Seitdem muss jedes Gebäude, welches vor 1945 errichtet wurde, von der Magistratsabteilung 19 (MA 19; Architektur und Stadtgestaltung) auf seine kulturhistorische Erhaltenswürdigkeit überprüft werden. Bei einer positiven Prüfung durch die MA 19 muss das Gebäude erhalten bleiben.*

Rückfragehinweis:

Markus Landerer und Claus Süss
Initiative Denkmalschutz – Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
mobil: 0699 / 1024 4216 oder 0676 / 740 43 27
www.initiative-denkmalschutz.at
(ZVR-Nr.: 049 832 110)

* Ausnahme: Nachweis eines sehr schlechten Bauzustands gemäß § 60 Abs. 1 lit. d Bauordnung für Wien (BOfW), wobei es gleichzeitig die gesetzliche Verpflichtung gibt, die Gebäude in einem guten baulichen Zustand zu erhalten (§ 129 Abs. 2 BOfW). Die Bauordnung für Wien im vollen Wortlaut: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrW&Gesetzesnummer=20000006

Literatur / Quellen:

Österreichische Kunsttopographie (ÖKT) Band LIV – Die Kunstdenkmäler der Stadt St. Pölten (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Horn 1999 (https://bda.gv.at/publikationen/details/oesterreichische-kunsttopographie-band-liv-st-poelten)
– Arbeiterwohnhaus (Kardinal Franz König-Platz), Neugebäudeplatz 5, Seite 408f. (mit Abb.)
– Bahnhofplatz 14, Seite 284f. (mit Abb.)
– Dr.-Theodor-Körner-Straße 1, Seite 301 (mit Abb.)
– Josefstraße 2, Schulring 5 (Maderna-Villa), Seite 345 (mit Abb.)
– Julius Raab-Promenade 16, Ludwig Stöhr-Straße 7 (Villa Schatzl), Seite 355f. (mit Abb.)
– Linzerstraße 20, Julius Raab-Promenade 41 („Kohn-Haus“), Seite 179f.
– Maria Theresia-Straße 12, Seite 386

St. Pölten (NÖ): Ehem. Amtshaus Pottenbrunn vor Abriss

Vor der Eingemeindung 1971 in die Stadt St. Pölten war Pottenbrunn eine eigenständige Gemeinde mit einem eigenen Gemeindeamt. Dieses ehemalige Amtshaus wurde 1924 nach Plänen des Stadtbaumeisters Robert Wohlmeyer errichtet. Die ÖVP St. Pölten – in den Personen von Vizebürgermeister Matthias Adl und Gemeinderat Bernhard Wiehalm – setzte sich für die Erhaltung des Gemeindehauses in der Amtsstraße 9 ein und wollte den Tagesordnungspunkt noch von der Sitzung im Stadtsenat nehmen. Dies geschah jedoch nicht, sodass vorgestern (29. März) im Stadtsenat der Beschluss für den Abriss des im Besitz der stadteigenen Immobilien-Gesellschaft stehenden Amtshauses gefasst wurde. Kritisiert wurde von der ÖVP auch, dass nicht zuvor im Bauausschuss auf den Eintrag des Gebäudes in der Österreichischen Kunsttopographie St. Pölten (Hrsg. Bundesdenkmalamt) hingewiesen wurde. Dort heißt es:

Amtsstraße Nr. 9 (K.Nr. Pottenbrunn 150), Amtsgebäude
1924 als Gemeindehaus nach Plan von Robert Wohlmeyer errichtet. Hoher zweigeschossiger Bau unter Walmdach. Dreiachsiger Mittelrisalit mit Ortsteingliederung in Putz, von geschweiftem Giebel überhöht; die Fenster der Flanken in leicht vertieften Rahmenfeldern.

Medienberichte:

30. März 2021, MeinBezirk
Pottenbrunn: Ehemaliges Amtshaus steht vor dem Abriss: https://www.meinbezirk.at/st-poelten/c-politik/ehemaliges-amtshaus-steht-vor-dem-abriss_a4557068

28. März 2021, Krone
VP fordert Jugendheim: Ehemaligem Amtshaus droht jetzt die Abrissbirne!: https://www.krone.at/2376329

Literatur:

– Österreichische Kunsttopographie (Band LIV), Die Kunstdenkmäler der Stadt St. Pölten und ihrer eingemeindeten Ortschaften, Horn 1999, Seite 489

– Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Topographisches Denkmälerinventar, herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Band: Niederösterreich südlich der Donau, Teil 2: M bis Z, Horn/Wien 2003, Seite 1709

St. Pölten (NÖ): Bahnhof Viehofen – ÖBB planen Abriss, Stadt möchte Erhaltung

Im nördlichen St. Pöltner Stadtteil Viehofen befindet sich ein kleines Bahnhofsgebäude (Aufnahmegebäude) an der Tullnerfeldner Bahn. Das um 1885 errichtete, zweigeschoßige Gebäude mit schlichter späthistoristischer Fassade hat für die ÖBB jegliche Funktion verloren. Es steht nicht unter Denkmalschutz und soll daher abgerissen werden. Das Gebäude soll dann durch eine schlichte Wartekoje mit Bänken ersetzt werden. Doch die Stadt St. Pölten zeigt Interesse an der Zukunft des historischen Bahnhofsgebäudes in der Saßmannstraße 1, denn es sei ihrer Meinung nach “stadtbildprägend” und erhaltenswert. Die Stadt wünscht sich daher, dass das Gebäude nicht abgerissen wird, sondern seitens der ÖBB zum Verkauf angeboten wird. Dafür müsste aber wegen der räumlichen Nähe zum Gefahrenraum bei den Gleisen das Gebäude bei einer Nachnutzung wohl umgebaut werden. Nun ist die ÖBB in Gesprächen mit der Stadt St. Pölten. Auch werden Interessenten für eine mögliche Nachnutzung gesucht.

Mehr Fotos vom Bahnhof (Wikipedia): https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Bahnhof_Viehofen?uselang=de

Medienberichte:

1. Oktober 2021, Krone
Gebäude droht Abriss: Ideensuche für alten Bahnhof in St. Pölten läuft. Der Bahnhof im St. Pöltner Stadtteil Viehofen hat offenbar keine Zukunft – laut ÖBB wird er nicht mehr gebraucht: https://www.krone.at/2520177

22. Jänner 2021, NÖN
Anrainer-Sorgen: Bangen um den Bahnhof in Viehofen. Stadt bekundet Interesse an Gebäude. Keine Lösung für Güterzüge: https://www.noen.at/st-poelten/anrainer-sorgen-bangen-um-den-bahnhof-in-viehofen-st-poelten-bahnhof-viehofen-oebb-print-244154004

Literatur:

Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs (Topographisches Denkmälerinventar, Hrsg. Bundesdenkmalamt). Band: Niederösterreich südlich der Donau, Teil 2: M bis Z, Horn/Wien 2003, Seite 2048