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Verlorenes Erbe (Wien): Der prachtvolle Heinrichhof gegenüber der Oper (1945-54 zerstört)

In der sehenswerten TV-Serie „Verlorenes Erbe“ im ORF2-Vorabendprogramm (“Studio 2”) wurde am 9.2.2021 der berühmte Heinrichhof behandelt. Bis 1945/54 stand gegenüber der heutigen Staatsoper eines der prachtvollsten Zinspalais’ der Ringstraßenzeit, der so genannte Heinrichhof (oft auch Heinrichshof genannt; Opernring 1-5). Der prunkvolle Ringstraßenbau wurde 1861-1863 vom berühmten Ringstraßenarchitekten Theophil Hansen erbaut und von Wilhelm Doderer 1870 als “schönstes Zinshaus der Welt” bezeichnet. “Theophil Hansen (…) schuf mit dem Heinrichhof das erste monumentale Wohnhaus in repräsentativer Lage, das nach völlig neuen Stil- und Gliederungsprinzipien entworfen war. Die meisterhafte Gruppierung der Baukörper, eine stark ins Plastische gesteigerte Textur sowie die raffinierte Abstimmung der Farben und der Einsatz der Malerei bewirkten einhelliges Lob und wurden von den zeitgenössischen Architekten als ungeheure Herausforderung empfunden, die in zahlreichen in der Folge entstandenen Neubauten ihren Niederschlag fand” (Zitat Martin Kupf, S. 114). Im berühmten Cafe Heinrichhof, das 1911 vom Architekten Otto Prutscher neu gestaltet wurde, verkehrten berühmte Künstlerpersönlichkeiten, wie z.B. der Sänger Leo Slezak, der oftmals spontan einsprang, wenn ein Sänger gegenüber in der damaligen Hofoper plötzlich ausgefallen war. Beim Großangriff am 12. März 1945 wurde der Heinrichhof von drei Bomben getroffen und brannte zum größeren Teil aus. Die Fassaden gegen den Ring und die Kärntner Straße waren weitgehend unbeschädigt geblieben. Der so beschädigte Heinrichhof wurde vom Bundesdenkmalamt sogar noch unter Denkmalschutz gestellt (mündliche Mitteilung). Eigentümer des Heinrichhof war die Familie Drasche-Wartinberg. Frau Valerie Drasche setzte sich für die Erhaltung des Gebäudes ein, doch die Mehrheit der Familie strebte eine Gewinnmaximierung durch Abbruch und Neubau an. Nach weiteren Witterungsschäden wurde die Ruine 1951 schließlich als “Sicherheitsrisiko” eingestuft, sodass es im Dezember 1951 zur behördlichen Aufforderung zum Totalabbruch eines Teils des Komplexes kam. 1954 schließlich erfolgte der Gesamtabbruch. Das Bundesdenkmalamt machte lediglich die Abnahme und gesicherte Verwahrung von zwei Wandgemälden Carl Rahls zur Bedingung. Heute steht an seiner Stelle der so genannte Opernringhof, der 1955-56 nach Plänen von Carl Appel, Georg Lippert und Alfred Obiditsch erbaut wurde. ORF-FERNSEHBERICHT ANSEHEN (6 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14081354/Das-Opernball-Cafe-Heinrichshof/14854695 (9.2.2021, ORF 2, ‘Studio 2’, “Das Opernball-Café Heinrichshof”)

Linktipps:

Der Heinrich(s)hof:

– auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrichshof_(Wien)

– auf Wien Geschichte Wiki: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Heinrichshof

Literatur:

Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy, Stadtbildverluste Wien – ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte, Wien 2004 (aktualisierte Neuauflage), Seite 114 – 118

Julius Fleischer: Monumenta deperdita. Zum Abbruch des Heinrichhofs, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Hrsg. Bundesdenkmalamt. Band 7. Horn, Wien, München 1953, S. 32 f.

Wilhelm Doderer, Die Bauthätigkeit Wiens I, in: Zeitschrift für bildende Kunst 5, Leipzig 1870, Seite 337